Mittwoch, 17. Oktober 2012

Soziale Zwänge 2 .0

Oft habe ich das Gefühl, dass wenige öffentliche Einrichtungen wirklich im Internet aktiv sind, aber wenn sie genau das irgendwann doch einmal versuchen, dann meistens über genau einen Weg: Facebook.
Schließlich sind ja eh alle, die man über das Internet für sich gewinnen könnte da angemeldet.
Also klatscht man einfach mal willkürlich auf jede Werbung unten das Logo hin, das einem verrät, dass dein Optiker bei Facebook erreichbar ist und du sofort Fan der Facebookseite deines Supermarktes werden solltest.

Es klingt übertrieben, doch das ist es nicht. Seht euch einmal bei den großen Werbeplakaten um, betrachtet Einblendungen in Fernsehsendungen - es sind immer wieder Verweise auf die Facebookpräsenz. Auch deine Krabbelgruppe ist jetzt auf Facebook zu finden!

Mich nervt das einfach nur. Wahrscheinlich liegt das auch daran, dass ich keinen Account bei besagtem Netzwerk habe. Als alle begannen, sich dort anzumelden, tat ich genau das nicht, weil ich ein allgemeines Misstrauen gegen dieses Internet hegte. Das habe ich inzwischen längst hinter mir gelassen und trotzdem empfinde ich Facebook noch immer als dubios.
Warum noch mal sollte ich mich da anmelden, wo vorher für denkende Wesen gehaltene Mitmenschen ihre Partybilder vom Wochenende veröffentlichen, die Selbstdarstellung ausgiebig zelebrieren und auch keine Scheu haben, Videos zu verlinken, die sie bei der Weihnachtsfeier mit Wichtelmütze betrunken halb den Boden wischend, halb über den Wischmopp stolpernd zeigen?
Ja, ich habe einen gewissen Hang zum Stalking und sobald man im Freundeskreis Personen mit eigenem Account bei Facebook hat, kann man sich auch schon einmal ansehen, wie sich denn die Mitschüler im Netz präsentieren. Nachher wünscht man sich dann nur noch, nicht so neugierig gewesen zu sein, denn das Fremdschämen kann genau so schmerzhaft sein wie diese reflexartigen Schläge mit der flachen Hand gegen die Stirn.

Während des Abiturs wurde viel via Facebook koordiniert. Termine geteilt, Facebookgruppen hielten die Schüler auf dem aktuellen Informationsstand zum Ablauf des letzten Schultages und auch Bilder ließen sich darüber prima verteilen. Insofern man denn einen Account hat.

Was ziere ich mich denn auch so, mich da anzumelden? Was über eine Milliarde Menschen vor mir bereits getan haben kann doch nicht falsch sein!
Trotzdem bin ich sehr skeptisch. Ich habe keine Lust auf ein Netzwerk, das meine Daten ewig speichert, das immer wieder hübsche Dinge mit den Nutzerdaten anstellt, die dann in den Medien als Skandal betitelt werden.
Ich brauche diese Selbstpräsentation auch nicht für mein Ego (das wird ja Dank Blog, Twitter und Podcast ausreichend gehätschelt) und ich muss mir genauso wenig das Posieren anderer ansehen.
Klar, ich kann ja mein Profil nur Freunden zugänglich machen, muss keine Bilder von mir posten und kann meinen Datenfluss sowieso kontrollieren, aber - NEIN!
Hab' ich nicht, will ich nicht, mach' ich nicht. Punkt.

In den ersten Tagen an der Uni hat sich auch schon herauskristallisiert, dass bevorzugt über Facebook geplant wird.

"Wie halten wir innerhalb der Lerngruppe Kontakt?" -  Facebook
"Wie erreiche ich die studentischen Mentoren?" - Facebook
"Wie komme ich an Karten für die Semesterauftaktsparty?" - Facebook

Diese Liste lässt sich endlos fortsetzen. Ich habe das Gefühl, dass in dieser Gesellschaft nahezu von "jungen Menschen" erwartet wird, dass sie Facebooknutzer sind oder wenigstens bereit sind, sofort einer zu werden.
Anders kann ich mir nicht erklären, warum so viel darüber organisiert wird. Dabei wäre es leicht möglich, das auch über Mails oder zumindest anderen allen zugänglichen Plattformen abzuwickeln.
Ja, die Masse meiner Gleichaltrigen ist bei diesem unsäglichen Facebook registriert aber das heißt für mich nicht, dass ich es ebenso muss. Mich stört einfach, dass sich aus der Ablehnung der Facebooknutzung inzwischen sogar eine Art Isolation ergeben kann.
Ich muss atmen, Mehrwertsteuer zahlen und die StVO einhalten aber es ist lange noch keine Pflicht, sich bei Facebook anzumelden. Offiziell zumindest.

Interessant finde ich, dass selbst diejenigen, die sich generell wenig für das Internet interessieren, bei Facebook dennoch sehr häufig aktiv sind. Social Media allgemein nein aber Facebook geht dann doch wieder. Dinge, die man nicht verstehen muss.

Ähnlich verhält es sich mit WhatsApp - nahezu jeder mit Smartphone nutzt den Dienst, um kostengünstig Nachrichten zu wechseln. Soweit so gut, doch mich schreckt doch ab, dass man mich häufiger als nur mehrfach vor der Unsicherheit des Dienstes warnte. Sicher kann es wirklich nicht sein, wenn laut einem Post die Telefonnummer der Nutzername und IMEI beziehungsweise WiFi-MAC als Identifikation reichen. Daher ist die Anleitung, wie man einen WhatsApp Account kapert zu meinem Erstaunen sogar für mich als Durchschnittsuser verständlich. Das spricht wirklich nicht unbedingt für die Sicherheit des Ganzen.

Dennoch überlege ich ernsthaft, mir zumindest dort einen Account zuzulegen, um mit Kommilitonen kommunizieren zu können und nicht jedes Mal kostenpflichtige SMS senden zu müssen.
Anscheinend muss man manchmal die Entscheidungen der Masse mitmachen obwohl man stark bezweifelt, dass das die richtigen Entscheidungen sind, um sich nicht zu sehr zu isolieren. Soziale Zwänge 2.0 eben.

Apfelkern

10 Kommentare:

  1. Buch dir einfach eine SMS-Flat oder was anderes passendes, wenn es nicht anders geht. Ich bleib bei meinem einmal in zwei Jahren geladenen Prepaid-Vertrag, den ich eigentlich nur brauche, falls auf der Straße mal was passiert und 3 in unterschiedliche Prios geordneten Mailaccounts. Am Festnetz läuft meist der AB. Wer mich kennt, weiß, wie er mich wo schnellstmöglich erreichen kann. Sonst muß man halt einen Brief schreiben. Das ist viel entspannter als diese dauernde Verbindungshektik. Und ja, mich kotzt dieser ewige Fernsehhipsterscheiß auch an. Wenn dann auf drittklassigen Nachrichtenkanälen noch zu völlig unwichtigen Boulevardthemen Tweets von wildfremden Menschen zu Rate gezogen werden, ist das einfach zu viel.
    Was außerdem Geschäfte bei Facebook angeht: Ich sah mir mal die reguläre Webseite eines Autohauses an. Die hatten eine Bildergalerie. Da gab es zwei Photos. Auf beiden wurde gezeigt, wie ein Mechaniker eine tote Ratte aus dem Motorraum entfernte.
    Ansonsten twitterte ich kurz vorher heute schon etwas zu Facebook und bin dir vielleicht nicht allzufern.

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    1. Eine SMS Flatrate würde das Problem nicht lösen. Zwar könnte ich dann kostenfrei Unmengen an SMS schreiben aber da längst nicht alle auch im Besitz einer SMS Flatrate sind, würden die wenigsten gern und ausgiebig auf meine Nachrichten antworten.
      Meinen letzten persönlichen Brief habe ich vor zwei Tagen eingeworfen, da ich diese Kommunikationsform auch mag und pflege, aber dennoch gibt es Momente, in denen ein schneller Informationsaustausch notwendig ist.

      Deine Erfahrung mit der Facebookpräsenz des Autohauses hört sich nach dem klassischen Beispiel an, bei dem eine Firma verkündet, jetzt auch in Social Media aktiv zu sein und dann zwei Bilder hochlädt und das war's.
      Deinen Tweet zu Facebook kann ich aber leider nicht lesen, da der Link nicht funktioniert.

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  2. Ich habs auch nicht...und ich werde mich dort auch niemals anmelden.
    Es ist wirklich schon richtig ärgerlich das man immer wieder darauf geschubst wird.
    Das alle annehmen das man FB hat.
    Und mein Nö habsch nicht... wird immer wieder mit ungläubigem Blick bewertet. *hm*

    Auch Sohnemann hat das nicht. Und er ist im "besten" Alter für all das. Wie schön das er in der Hinsicht offenbar nach mir schlägt und meinte "Will ich das jeder alles von meinem Leben weiss, selbst wenn ich nicht alles zeige?" - "Nein danke."

    Mich schreckt das einfach nur ab.
    Nur weil meine Nachbarin FB hat und damit vor Wochen zu mir gedüst kam und meinte "schau mal da..." weiss ich heute mehr über die 16jährige Tochter einer anderen Nachbarin, als jemals ein Mensch außer ihr wissen sollte. Das brauche ich nicht in meinem Leben...

    Auch mein Handy bleibt verschont von solchen Sachen.

    GGLG
    Tadewi

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    1. Diese ungläubigen Blicke kenne ich und in manchen Situationen genieße ich sie fast.
      Wie es später mit eigenen Kindern und dem Umgang mit solchen Netzwerken aussehen wird, lässt sich jetzt noch nicht einschätzen, doch ich hoffe, dass ich es schaffe, ihnen einen vernünftigen Umgang damit zu vermitteln.
      Denn genau die beschriebene Situation, dass Fremde plötzlich so viel über einen erfahren können, ohne dafür auch nur mit einem reden zu müssen, will ich verhindern.

      Gruß,

      Apfelkern

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  3. Ach naja, ich bin nun auch nicht der größte Freund von Facebook, aber um mit Freunden Kontakt zu halten, ist es eigentlich ganz praktisch (besonders bei Kandidaten, die immer mal wieder ihre Handynummer ändern). Ich poste dort auch so gut wie nie etwas, sondern nutze es eben nur als soziale Plattform zum Austausch.
    Oh, und noch ein Aspekt, der mir gefällt, denn wie du erwähnt hattest, scheinen die meisten dort angemeldet zu sein, was natürlich auch Musiker und andere Künstler miteinbezieht. Über die kommt man dort auch schnell an Informationen, wenn es eine Tour, eine neue Platte oder ein neues Video gibt und man ist fast immer auf dem neuesten Stand. (^__^)
    Der Kommentar klingt wahrscheinlich ein bisschen wie Werbung, aber das soll er gar nicht sein. Ich verstehe bloß dieses Misstrauen nicht so ganz. Wenn du dort deine privaten Daten nicht angibst, können diese auch nicht weitergegeben werden. Man muss von den Plattformen ja immer nur das für sich herausziehen, was einem nützlich erscheint. (Und wenn dir die ganze Plattform nicht nützlich erscheint, ist das auch in Ordnung.)

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    1. Es stimmt, dass ich letztlich selbst entscheide, welche Daten ich auf der Plattform preisgebe und darüber meine favorisierten Künstler gut verfolgen kann, doch trotzdem halte ich Facebook aufgrund persönlicher Abneigung einfach nicht für unterstützenswert. Nützlich vielleicht aber dennoch ist die Ablehnung zu groß, um mich dort anzumelden.

      Falls ich wirklich einmal auf Informationen angewiesen bin, die über Facebook verteilt werden, frage ich einfach dort angemeldete Freunde. Ist allerdings auf Dauer auch sehr lästig

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  4. Ich hasse Verträge, deshalb hatte ich nie einen Handy-Vertrag. Wer soll den denn auch zahlen? Ich bin jedenfalls nicht gewillt 10-20€ für IRGENDEINE Flatrate auszugeben. Da zahl ich lieber alle paar Monate die 15€.
    Whatsapp nutze ich auch (benutzt ja sonst keiner mehr msn und co.)- du hast jetzt auch ein "Schlaufon"? :D
    Das mit Facebook begegnet mir zurzeit auch wieder häufiger. "Meld dich mal bei Facebook an"-"Ich will aber nicht." -"Aber jeder ist da und das ist so viel einfacher zu koordinieren!"
    Gesichtsbuch kriegt mich nicht so schnell. Selbst die Gesichtsbuch-Gegner fangen schon an sich dort anzumelden. Furchtbar. :(

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    1. Jupp, ich bin seit kurzem auch ein Smartphonebesitzer und habe das Gerät inzwischen sehr lieb gewonnen. Ein Leben ohne wäre zwar möglich aber offen gesagt würde ich das nicht mehr wollen.
      Von Handy-Verträgen lasse ich auch lieber die Finger und nutze die Prepaid Variante.

      Nach meinen neuesten Erkenntnissen kopiert sich whatsapp auch noch meine kompletten Kontaktdaten. Nee danke.

      Warum übersetzt du eigentlich die englischen Begriffe ("Schlaufon/Gesichtsbuch)? Klingt für mich doch reichlich seltsam…

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  5. Nun, nur mit deiner Anmeldung unterstützt du Facebook nicht. So lange du immer Adblock und Ghostery an hast, verdient Zuckerberg da keinen müden Cent. Und da du bei Google registriert bist, sind alle deine Daten (E-Mails, Adressbuch etc.) käuflich. Da ist Facebook jetzt nicht wirklich ein großer Schritt.

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