Ich bin Omnivore und das ist heutzutage in manchen Situationen ja schon etwas, wofür man sich schämt. Weil man tierische Produkte konsumiert. Und dann auch noch Fleisch. Weil die Tiere bloß für das eigene kurze Vergnügen sterben müssen während andere Menschen schon seit Jahren vorbildlich vegan leben.
Manchmal wird einem vermittelt, dass man ein schlechterer Mensch ist, wenn man tierische Produkte konsumiert. Früher waren es Ketzer und Ungläubige, die sich vor der Kirchengemeinde schämen mussten, heute sind es die sich nicht pflanzenbasiert ernährenden. Zumindest kommt es mir manchmal so vor.
Derart unter Druck gesetzt und negativ dargestellt zu werden, findet sicher niemand angenehm und diese negative Darstellung der eigenen Lebensweise hilft nicht unbedingt, eine andere anzunehmen. Trotzdem kam ich zu dem Schluss, mich einfach eine Woche lang vegetarisch zu ernähren.
Weshalb der Selbstversuch?
Wenn ich nicht gerade von anderen für meinen Konsum von Fleisch kritisiert werde, muss ich zugeben, dass eine fleischlose Ernährung energetisch so viel effizienter ist. Peta formuliert das reißerischer: Fleischessen bedeutet Hunger für die Welt. Für jede tierische Kalorie werden 5-30 pflanzliche verfüttert - das meine ich mit energetisch ineffizient. Das ist zwar die normale Nahrungskette aber eben auch infeffizient. Vor dem Hintergrund leuchtet es absolut ein, dass man weniger Fleisch konsumieren sollte, da es so betrachtet schon Verschwendung von Energie beziehungsweise ein Luxus ist.Dass man Fleisch nicht unbedingt zum Überleben braucht, ist bekannt. Seine Kohlenhydrate, Fette, Proteine, Vitamine, Mineralstoffe und Ballaststoffe kann man auch ohne Fleisch aufnehmen. Dabei ist es hilfreich zu wissen, in welchen Formen diese Nährstoffe denn vorkommen und aus welchen Lebensmitteln man sie beziehen kann. Denn einfach keine Fleischprodukte und dafür immer nur Zucker zu essen ist zwar dann vegetarisch oder sogar vegan, jedoch nicht unbedingt das, was man eine gesunde Ernährung nennen würde.
Weiterhin ist Massentierhaltung nichts, was man aus Überzeugung gut finden kann. Auch wenn man die Bio Eier kauft, heißt es nicht, dass die Hühner glücklich waren und man nicht die männlichen Küken "aussortiert" hat, da sie ja immerhin keine Eier legen. Ehrlich gesagt ist es nicht mal der Gedanke, dass wir generell keine Tiere essen sollten, der mich zu einer vegetarischen Woche motiviert, sondern das Unbehagen gegenüber der Massentierhaltung mit dem damit verbundenen Leid für die Tiere sowie auch die Verwendung von Reserveantibiotika für die Tierhaltung. Das Antibiotikum Colistin würde ich doch zum Beispiel lieber für Menschen mit multiresistenten Erregern einsetzen als es in zu niedrigen Dosen ständig an Tiere zu verabreichen und damit bloß Resistenzen zu erzeugen.
Außerdem ist der generelle Gedanke, Fleisch zu essen, schon irgendwie abstoßend. So eine Schweineschulter vom Spanferkel zu zerteilen hat mich doch extrem an den Präparierkurs erinnert. Da war das Fleisch bloß mit Formaldehyd fixiert statt gegrillt. So ein Steak ist letztendlich auch ein Leichenteil - wir sind bloß daran gewöhnt, es zu essen. Dass es gut schmecken kann, möchte ich hier nicht abstreiten.
Jetzt im Sommer ist der Rest des Haushalts im Urlaub und ich bin mit meinen Lernunterlagen für die Klausuren allein im Haus. Das bedeutet auch, dass ich den Kühlschrank für mich habe und allein bestimme, was da rein wandert und was gekocht wird.
Ich habe mich entschlossen, einen kleinen Versuch zu starten und zuerst eine Woche vegetarisch und dann eine Woche vegan zu leben. Die vegetarische Woche kommt zuerst in meinem Ablaufplan, da die im Kühlschrank vorhandenen Eier, den Käse oder die Milch schlecht werden zu lassen definitiv nicht im Sinne einer umweltbewussten und tierschonenden Ernährung wäre. Außerdem ist es für den Einstieg viel einfacher, mit einer vegetarischen Ernährung anzufangen.
Fazit nach einer Woche Vegetarismus
Die vegetarische Woche liegt jetzt hinter mir. Und, wie war es denn?Gefühlt war es für mich keine große Umstellung, es fiel mir unglaublich einfach, auf Fleisch zu verzichten und es war kaum anders als meine sonstige Ernährung. Immerhin gibt es so viele leckere vegetarische Gerichte und andererseits auch schöne Alternativen zu Fleischprodukten. Es gab Ofengemüse, Schmorgurken, Spaghetti Bolognese mit Quorn, Quinoa mit Gemüse und jede Menge andere schmackhafte Gerichte.
Ich habe jede Menge Gemüse und Obst gegessen einfach in der Absicht, gleichzeitig diesen Versuch zu nutzen, mich gesünder zu ernähren.
Während der ganzen Zeit hatte ich nicht einmal das Gefühl, auf etwas verzichten zu müssen. Für mich allein hätte ich auch ohne den Versuch kein Fleisch zubereitet und maxmal die Bratwürstchen aus dem Kühlschrank gegessen. In der Mensa ist das Angebot an vegetarischen und veganen Gerichten so groß, dass ich mich auch dort nicht eingeschränkt gefühlt habe. Was ich nicht essen konnte, war meine bereits angebrochene Lakritze, da sie Gelatine enthält. Der Entzug wurde mit Lakritztee behandelt.
Gemüse, Gemüse und Pudding. Ich musste einfach einmal testen, wie es sich als Puddingvegetarier so lebt. |
Allein mein Opa hat sich gewundert, weshalb ich seinen selbst gemachten Schinken nicht essen wollte und beim gemeinsamen Kochen wurde sich beschwert, dass gar keine Wurst in den Kartoffelauflauf kommt. Ohne Fleisch ist es anscheinend für einige Menschen keine komplette Mahlzeit.
Die größten Probleme gab es in der Woche also mit der sozialen Kompatibilität der vegetarischen Ernährungsweise. Innerhalb der Familie, vor allem bei den Großeltern gibt es eingeschränkt viel Verständnis dafür, warum man sich eigentlich vegetarisch ernährt.
Die Großeltern, die selbst noch Krieg und Hunger erlebt haben, können vor allem nicht verstehen, weshalb man potentielle Energiequellen vom Speiseplan streicht, da sie einem ja das Überleben sichern könnten. Das kann ich nachvollziehen, jedoch ist es bei ihnen gefühlt auch zu einem Ritual geworden, viel Fleisch zu essen, falls doch wieder Notzeiten anbrechen. Und Aussagen, dass man ohne Schinken krank wird, sind sicher auch weniger von wissenschaftlichen Hintergründen als Erinnerungen an Zeiten des Hungers geprägt und nicht mehr zeitgemäß.
Insgesamt könnte ich mir vorstellen, noch öfter vegetarisch zu essen als ich es bereits unabhängig von diesem kleinen Selbstversuch mache. Komplett vegetarisch zu leben, kann ich mir momentan noch nicht vorstellen, da Fleisch mir offen gesagt manchmal doch gut schmeckt. Und damit meine ich nicht die billigen Nackensteaks zum Grillen, sondern ein schön zubereitetes Rindersteak oder auch Fisch, den man in Ruhe genießt. Man sollte sich nur bewusst sein, dass es kein tägliches Nahrungsmittel, sondern ein Luxus ist, Fleisch zu essen.
Aber ganz egal, ob ich nun spontan Vegetarier werden würde oder nicht: die nächsten sieben Tage werde ich Stufe zwei des Versuches durchlaufen und mich vegan ernähren. Ich bin schon ein wenig gespannt, wie die Woche läuft und was mein Umfeld dazu sagt. Ich werde berichten.
Die veganen Kekse sind übrigens schon fertig gebacken und liegen für Notfälle in der Tupperbox bereit.
Apfelkern