Mittwoch, 3. Oktober 2018

Die Leiden der digital Dauerbespaßten

Das Internet ist eine großartige Erfindung. Ständig alle Informationen verfügbar, ständig alle Leute kontaktierbar oder zumindest die Möglichkeit, ihnen eine Nachricht zu hinterlassen. Langeweile gibt es damit nicht mehr, da es auch mobil verfügbar ist. Man könnte eigentlich immer produktiv und kreativ sein, Texte verfassen, Bilder machen, bearbeiten, veröffentlichen, Musik kreieren, Menschen an seinen Fähigkeiten teilhaben lassen… die Optionen erscheinen endlos. Und doch fühle ich mich von all dem Angebot oft mehr erschlagen als befreit.

Wenn man eine gewisse Zahl an Abonnements in den Sozialen Netzwerken hat, hängt man mit einer täglich durch das ganz normale Leben eingeschränkten Konsumzeit neuer Texte und Videos gefühlt immer hinterher. Das stresst mich offen gesagt mehr, als es mich inspiriert oder mir etwas beibringt. Irgendwann habe ich angefangen, nebenbei beim Kochen, Aufräumen, Putzen, Geschenke einpacken und zu welchen Gelegenheiten es sich sonst noch anbietet, Youtube Videos laufen zu lassen. Anders kommt man bei all den spannenden Kanälen einfach nicht hinterher. Dadurch, dass immer etwas im Hintergrund dudelt, bin ich subjektiv langsamer bei dem, was ich mit meinen Händen eigentlich tue. Durch die geteilte Aufmerksamkeit bekomme ich von beiden Aktivitäten nur die Hälfte mit und fühle mich unzufriedener und gestresst. Rein akustische Unterhaltung wie Radio oder Podcasts geben mir dieses Gefühl nicht.
Und obwohl ich all das weiß, scheine ich es zu ignorieren. Zu groß ist die Angst, etwas zu verpassen aber auch, einfach Zeit ungenutzt zu lassen. Bloß kein Moment der Langeweile in diesem so kurzen Leben!
Das war doch nicht immer so. Ist die Zeit der Leere nicht auch eine gute Gelegenheit gewesen, die Gedanken schweifen zu lassen, zu planen, Ideen zu entwickeln und zu träumen? Darauf möchte ich nicht verzichten.

Jedes mal, wenn ich etwas schaffe - seien es Texte auf dem Blog, ein beendetes Strickprojekt, eine versendete Bewerbung, eine aussortierte Schublade oder zehn Gläser eingekochte Birnen - erfüllt mich das mit großer Zufriedenheit. Es fühlt sich verdammt gut an, produktiv zu sein. Immer nur die Gedanken und Werke anderer zu konsumieren, hört irgendwann auf, inspirierend zu sein und laugt mich nur noch aus.
Wir sollten uns nicht der Versuchung hingeben, das Gehirn ganz bequem auszuschalten und die Aufmerksamkeitsspanne kürzer als die eines Goldfisches werden zu lassen und stupide Informationen auf uns einprasseln zu lassen, um davon locker die Hälfte direkt zu vergessen. Zwar wird uns das von allen Seiten offeriert, doch es tut uns in der Menge nicht gut.

Also hören wir besser öfter auf die Weisheit, die meiner Generation eigentlich schon in der Kindheit im Fernsehen vermittelt wurde: Abschalten.