Wir in meinem Post über den Versuch, sich als Omnivore eine Woche vegetarisch zu ernähren, schon angekündigt, folgte auf die vegetarische Woche nun eine vegane.
Gleich zu Anfang hatte ich viel positives Feedback und Angebote für Hilfestellung, von lieben Menschen aus dem Netz (vielen Dank,
Svenja!) als auch von einer vegan lebenden Kommilitonin. Das war ein toller erster Eindruck, auf so viel Unterstützung zu stoßen!
Dann habe ich schon am noch vegetarischen Sonntag mir überlegt, was ich in der nächsten Woche kochen möchte, um in den kommenden Tagen nicht in ein Loch aus Hunger und Verzweiflung zu fallen, weil ich nicht weiß, was ich veganes und leckeres essen kann.
So habe ich mir gleich Notfallkekse gebacken (nach
diesem Rezept, den Honig habe ich durch Agavendicksaft ersetzt) und Montag alles für die geplanten Mahlzeiten eingekauft.
Die ersten paar Tage hat es mir richtig viel Spaß gemacht, ein wenig anders zu kochen als sonst und neue Rezepte auszuprobieren. Ich habe ein
ultimativ köstliches Rezept für Möhrensalat gefunden, eine Freundin mit veganem Falafel und Tzatziki verköstigt und sogar einen v
eganen Marmorkuchen mit "Eischnee" aus Kichererbsenwasser gebacken. Auf den nächsten Bildern könnt ihr euch einen kleinen Eindruck davon verschaffen, dass man auch vegan vielfältig kochen kann. Besonders genial fand ich, dass man sogar Sushi vegan gestalten kann, indem man die Rollen einfach nur mit Gurke, Avocado und anderem Gemüse füllt.
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Spaghetti mit Tomatensauce, Ofengemüse, Falafel, Möhrensalat und Tzatziki sowie Schmorgurken mit Kartoffeln |
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Veganes Sushi mit Gurke, Avocado und gebratenen Pilzen sowie Resteessen |
Neben meiner Leidenschaft fürs Kochen backe ich auch gerne. Das wollte ich auch in der veganen Woche nicht auslassen und habe sehr tolle Rezepte entdeckt. Besonders faszinierend war, dass sich Kichererbsenwasser tatsächlich ähnlich wie Eischnee aufschlagen lässt. Und der Marmorkuchen, in den der Kichererbseneischnee wanderte, schmeckte auch großartig.
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Hafer-Fruchtkekse für vegane Hungerattacken und Marmorkuchen |
Erfahrungen einer Woche veganer Ernährung
Nummer eins: man verhungert definitiv nicht! Im Gegenteil: ich habe viele neue Dinge in der Küche ausprobiert und dabei viel Spaß gehabt. In der Mensa zu essen war kein Problem, da dort alles bis ins Detail gekennzeichnet ist. Nur das Joghurteis nach der Uni kann man nicht spontan mit Freunden essen. Auch wenn ich es in dieser Woche nicht getan habe, kann ich mir vorstellen, dass ein Essen in normalen Restaurants nicht immer einfach für Veganer ist, da die Auswahl beschränkt ist. Beim Essen mit Freunden könnte man zumindest immer selbst etwas mitbringen und damit gleichzeitig die eigene Verköstigung sichern.
Oft wird propagiert, dass man sich mit veganer Ernährung gleich viel fitter und besser fühlt. Ich habe nicht erlebt, dass ich mich sofort viel energiereicher fühle, aber ich habe auch nichts negatives bemerkt. Wahrscheinlich macht auch viel von dem Erleben, dass es einigen mit veganer Ernährung besser geht aus, dass sie sich vorher weniger ausgewogen ernährt haben.
Das einzige, was anders war: ich hatte subjektiv mehr…nun ja, Gas im Bauch. Meine Vermutung ist, dass die ganze pflanzliche nicht stark verarbeitete Nahrung nicht immer einfach verdaulich ist. Vor allem Cellulose kann der Mensch nicht selbst abbauen, sondern das übernehmen Bakterien, wenn sie es beim Menschen auch nicht komplett schaffen, die Polysaccharide der Cellulose zu Einfachzucker abzubauen. Daher können wir uns mit unserem Verdauungssystem und unserer Darmflora anders als Kühe auch nicht von Gras allein ernähren, ohne in ein Energiedefizit zu rutschen.
Vielleicht hat dieses Erlebnis es auch eine ganz andere Ursache als mehr pflanzliche Nahrung aber ich empfand es doch als auffällig. Habt ihr euch schon einmal vegan ernährt und diese Erfahrungen mit der vermehrten Gasproduktion gemacht?
Das Einkaufen im Supermarkt war ein komplett anderes Erlebnis: es gab so viele Dinge, die ich einfach nicht essen konnte, dass die Auswahl eingeschränkt war und zu meinem Erstaunen fühlte sich das gut an. Das ganze große verwirrende Kühlregal konnte man fast komplett links liegen lassen. Es fühlte sich minimalistisch an, die Entscheidungen für bestimmte Produkte konnten viel schneller getroffen werden, weil einfach die Auswahl nicht endlos war. Das war auf gewisse Weise sehr befreiend.
Ähnlich war es in der Mensa: wenn es nur ein veganes Gericht gab, musste man nicht lange überlegen, was man denn nun isst. Es fühlte sich effizient an.
Gegen Ende des sechsten veganen Tages war ich nicht unbedingt genervt von meiner Ernährung, träumte aber schon sehnsüchtig von Käsebroten.
Fleisch, Eier und Milch als Getränk habe ich in der gesamten Zeit nicht vermisst, Butter und Käse dagegen jedoch sehr. Vor allem als ich mir ein frisches Vollkornbrot besorgt hatte, war es sehr deprimierend, nicht wie sonst das frische Brot mit Butter und ein bisschen Salz essen zu können. Und geschmacklich kann pur verzehrt für mich Margarine nicht mit Butter mithalten. Im Gebäck hat es wenig Unterschied gemacht aber zum Anbraten und aufs Brot ist der Geschmack von Butter für mich einfach ungeschlagen.
Genauso sehr wie Butter liebe ich Käse. Marmelade und vegetarische Pasten waren lecker als Brotaufstrich aber sie konnten nicht verhindern, dass ich mich nach Käse sehnte. Eine vegane Alternative zu Käse habe ich in der Zeit nicht probiert.
Was ich getestet habe, ist Sojajoghurt. Auch wenn ich schon öfter welchen gegessen hatte, war ich doch angenehm überrascht, wie realistisch und lecker diverse Sorten von Alpro und Provamel waren. Sogar Tzatziki ließ sich ohne Probleme damit zubereiten.
Mein langfristiges Fazit
Es war super interessant, sich eine Woche lang vegan zu ernähren und verschiedene Dinge auszuprobieren. Ich habe festgestellt, dass es mit ein bisschen Planung gut umsetzbar ist. Was das Essen außerhalb angeht, überzeugt mich das ganze noch nicht. Sobald man Beispielsweise in einer nicht veganen Gruppe grillt, muss man immer eigenes Essen mitbringen oder für jeden Salat dessen Hersteller fragen, was denn da drin ist. Klar, Allergiker müssen das auch, aber ich empfand es schon als belastend für mich und auch andere, immer alles essbare drei mal vorsichtig beäugen zu müssen, bevor ich es eventuell essen konnte.
Außerdem kann ich mir aktuell nicht vorstellen, auf Milchprodukte zu verzichten. Eier oder Fleisch habe ich tatsächlich gar nicht vermisst.
Unvegane Dinge, die ich nicht lassen konnte? Stricken mit Schafswolle! Das ist auch etwas, was ich nicht aus meinem Leben streichen wollen würde. Klar gibt es zum Beispiel auch Baumwollgarne, aber die verhalten sich im gestrickten Endprodukt ganz anders und ersetzen Schafswolle nicht.
Ähnlich denke ich über Schuhe aus Leder: es ist schon kein besonders angenehmer Gedanke, die Haut eines anderen Lebewesens an seinen Füßen zu tragen, jedoch ist das Material viel belastbarer, bequemer und auch langlebiger als viele synthetische Materialien. So habe ich seit acht Jahren ein Paar dicke Winterstiefel mit Lederanteil, die ich jeden Winter bei klirrender Kälte wieder raus hole. Sie sind noch immer warm und gut nutzbar, weshalb ich denke, dass Leder als Material für Schuhe vertretbar ist, wenn man die Schuhe auch tatsächlich nutzt.
In der veganen Woche habe ich mich durch meine Ernährung deutlich eingeschränkter gefühlt als in der vegetarischen Woche. Ich hatte Appetit auf Dinge, die ich nicht essen konnte, ich war froh, dass ich nicht mit Freunden essen gehen "musste", weil es vielleicht gar nicht so einfach gewesen wäre, etwas für mich zu finden. Als meine vegane Kommilitonin mir etwas von ihrer veganen Lakritze abgegeben hat, war ich doch extrem dankbar, eine der Sachen, die ich so vermisse, doch essen zu können.
Ich kann mir vorstellen, in Zukunft für mich allein hauptsächlich vegetarisch zu kochen und mich weiter durch die ganzen leckeren Produkte aus Seitan, Tofu und Co. zu testen statt Fleisch als Beilage zu wählen, doch ein veganes Leben würde mich nach der Erfahrung eher belasten. Dennoch habe ich in der Woche viel ausprobiert und wüsste jetzt auch, wie ich vegane Freunde lecker bekoche und habe auch ein paar Rezepte entdeckt, die es so öfter geben wird (ich sage nur: Möhrensalat, Falafel und Rosinen-Fruchtkekse) und auch Produkte wie Hummus aus dem Kühlregal, Sojajoghurt oder eine bestimmte vegane Tomatensauce gefunden, die es wieder in meinen Einkaufwagens schaffen werden. Nie wieder dagegen werde ich auf Dinkelsahne herein fallen.
Insgesamt hat sich der Selbstversuch für mich gelohnt: ich habe neues ausprobiert, über meine Ernährung nachgedacht und tolle vegane Kochblogs entdeckt. Um aber dauerhaft vegan zu leben, bin ich vielleicht einfach nicht hardcore genug. Und liebe Käse, Butter und Wolle viel zu sehr.