"ich hab dracula schon vor einigen jahren gelesen und fands toll! würd mich freuen, eine kritik von dir zu lesen"
Und so dachte ich mir: warum nicht? Die Bloggerszene rezensiert, kritisiert und reviewt von ihrer Zahnpasta über Alben, Filme, Hundenahrung, Restaurants, Geschirrspültabs und Lippenstifte alles, was in ihr Blickfeld kommt und so kann auch ich mich diesem Trend nicht verschließen.
Dracula ist einer der bekanntesten Romane. Der Titel allein genügt, um gewisse Assoziationen auszulösen: Transsylvanien, ein altes Schloss, der Vampir Graf Dracula, Knoblauch, Bauern mit Fackeln und natürlich eine Menge Blut. Mit diesem Bild im Hinterkopf machte ich mich an die Lektüre und war zuerst wenig neugierig auf die Handlung. Denn schließlich wird man aktuell so sehr mit Vampirgeschichten überschwemmt, dass man die bekannteste davon zu kennen glaubt. Aber ehrlich gesagt hatte ich keine Ahnung, worum genau es in dem Buch, dessen Titel alle kennen, eigentlich geht. Öhm, der Graf liegt tagsüber in einem Sarg in seinem transylvanischen Schloss und knabbert in der Nacht die Bauerntöchter an, woraufhin diese mit Fackeln und Mistgabeln zu seinem Schloss stürmen, um ihn zu vernichten?
Diese Annahmen stellten sich als völlig falsch heraus.
Nun gut, Dracula lebt tatsächlich auf einem Schloss in Transsylvanien, doch das ist auch das einzige, das mit meiner Vorstellung übereinstimmt.
Denn im Buch ruft der Graf den jungen britischen Anwalt Jonathan Harker zu sich, der ihm dabei helfen soll, den Erwerb eines Anwesens in Großbritannien zu organisieren und ihm dabei gleichzeitig Englisch beibringen, sodass er dieses perfekt beherrschend in Großbritannien nicht als Fremder auffällt. Als Jonathan Harker in Transsylvanien eintrifft, erlebt er den Aberglauben der Einheimischen und deren Entsetzen darüber, dass er sich freiwillig auf die Burg Dracula begibt. Anfangs hält er deren Warnungen für Humbug, doch nach einiger Zeit auf dem Schloss kommen auch ihm viele Dinge merkwürdig vor und schließlich erkennt er das wahre Wesen des Grafen. Er wird immer angsterfüllter und führt über seine Erlebnisse Tagebuch.
Schließlich lässt Dracula den britischen Anwalt zurück und macht sich in der Tat auf den Weg zur Insel Großbritannien, um sich dort neue Jagdgründe zu erschließen.
Der Schauplatz des Geschehens wird nach Whitby, eine mittelenglischen Küstenstadt verlegt. Dort lebt Jonathans Verlobte Mina und deren Freundin Lucy, welche Draculas schaurige Ankunft erleben. Kurz darauf erkrankt Lucy; ist schwach, müde und blass. Die Ursache der Erkrankung ist unbekannt und so kann ihr von dem örtlichen Arzt und Leiter einer Nervenklinik Dr.Seward nicht geholfen werden. Im Gegenteil: die Krankheit verschlimmert sich und so ist Lucy bald ausgezehrt und schlafwandelt nachts durch die mondbeschienenen Gassen zur alten Abtei Whitbys. Die ihr in dieser Nacht folgende Mina beobachtet, wie sich dort eine dunkle Gestalt mit roten Augen über ihre Freundin beugt.
Dem Leser ist inzwischen klar, worunter Lucy leidet, doch die Protagonisten tappen im Dunklen, bis Dr. Seward aus Amsterdam den Arzt Van Helsing ruft, der allerlei merkwürdige Maßnahmen zur Heilung der Kranken unternimmt und so zum Beispiel Knoblauchblüten vor das Fenster und um Lucys Hals legt.
Derweil taucht Jonathan unter Amnesie leidend in einem Hamburger Kloster auf, wo er gepflegt wird. Die besorgte Mina eilt zu ihm; kurz darauf heiraten sie und kehren nach Whitby zurück. Dort kämpfen Dr. Seward und Van Helsing um Lucys Seele, jedoch erfolglos, denn diese stirbt wenig später. Das ist aber noch lange nicht ihr Ende, da sie als Wiedergängerin zurück kehrt und die Umgebung unsicher macht. Unter Van Helsings Leitung, der mittlerweile den Feunden die Existenz von Vampiren offenbart hat, wird Lucy "erlöst" und sie machen sich gemeinsam mit ihrem amerikanischen Freund Quincey Morris auf die Jagd nach Dracula.
Jonathans Tagebuch aus der Zeit seines Aufenthaltes in Transsylvaniens wird gelesen, sie recherchieren und notieren sämtliche Tageserlebnisse, um kein Detail zu missachten. Ein Patient von Dr. Sewards Nervenklinik namens Renfield ist ihnen bei ihrer Aufklärungsarbeit hilfreich, da er in seinem Wechsel zwischen Irrsinn und Klarheit das Befinden Draculas durch eine Verbindung zu diesem detektieren zu können scheint.
Mit dem gewonnenen Wissen schaffen sie es trotz einiger Rückschläge (unter anderem wird ein weiterer von ihnen Opfer von Draculas Hunger) Dracula zurück nach Transsylvanien zu vertreiben und folgen ihm sogar, um ihn endgültig zu vernichten. Es beginnt eine Verfolgungsjagd, deren Ausgang noch auf den letzten fünfzehn Seiten unklar war.
Das Buch gibt abwechselnd die Tagebucheinträge der Protagonisten wieder, sodass regelmäßig die Perspektive wechselt, was ich als sehr angenehm und spannungserhaltend empfunden habe. Auch der Schreibstil ist nicht übermäßig veraltet und dadurch schwer lesbar. Ausführliche Orts- und Personenbeschreibungen bieten dem Kopfkino Futter und führen zu Anfällen von Gänsehaut. So habe ich nach einer mitternächtlichen Lektüre dann doch lieber das Licht angeschaltet statt wie gewöhnlich im Dunkeln durch die Wohnung zu laufen.
Insgesamt war die Geschichte durchweg spannend, was unter anderem auch durch gelegentliche unerwartete Wendungen bedingt war.
Besonders gefreut habe ich mich auch, dass ich im letzten Jahr sogar den Ort Whitby besucht hatte und so in Gedanken genau vor mir sehen konnte, wie Lucy mondsüchtig die Anhöhe zur Klosterruine emporschwankt.
Bei meinem Besuch des Ortes habe ich zufällig ein Video der alten Abtei gedreht (hochprofessionell mit der Digitalkamera), welches ich nun einfüge, um euch einen kleinen Eindruck der Ruine zu geben. Über eine instabile Kameraführung und konsequentes Atmen im Hintergrund (hätte ich das eliminieren wollen hätte ich auch das Glockengeläut löschen müssen und das wollte ich nicht) möchte ich keine Kommentare lesen. Und ja, ich habe gelernt, dass es nicht ratsam ist, die Kamera dauernd zu drehen.
Vorweg noch einige Bilder des Städtchens Whitby. Es sieht überhaupt nicht wie der Sitz des Grauens aus.
Das Panorama der Stadt. Idyllisch steht die Ruine der alten Abtei auf einer Anhöhe an der Küste hinter der auch nicht mehr ganz jungen Kirche, davor drängen sich die typisch englischen Häuser mit Dutzenden von Schornsteinen auf den Hügel.
So sieht es dann aus, wenn man die unzähligen Treppen zur Abtei hinaufgestiegen ist.
Man steht direkt vor der alten Kirche umgeben von rauchgeschwärzten Grabsteinen und keltischen Kreuzen. Kein Wunder, dass Bram Stoker davon inspiriert wurde.
Ja, ja, das Video.
Inzwischen weiß ich übrigens wieder, dass das Rauschen im Hintergrund nicht mein Atem ist (denn SO schweratmig kann man kaum sein), sondern der Wind auf der Klippe.
Wowowow - ich habe
es tatsächlich geschafft, ein Video zu schneiden (bin Profi; ist ja
schon mein zweites....) UND es einzubetten! Na gut, mit dem Einbetten
hat es erst im zweiten Anlauf geklappt, da mir das Hochladen
beim ersten Versuch mehr als zwei Stunden gearbeitet hatte und kein
Ende in Sicht war. Immerhin fiel mir dann auf, dass nur Videos bis zu
100 MB einbaubar sind. Also fix zurück zu iMovie und runter mit der
Qualitätsstufe.
Hach bin ich froh, dass es geklappt hat. Auch wenn es nur bedingt zum Thema passt.Abschließen möchte ich mit dem Fazit, dass mir Bram Stokers Dracula sehr gefallen hat und ich es mit vier von fünf Punkten bewerten würde. Und warum dann nicht mit der vollen Punktzahl?
Weil das Werk nachdem ich es ausgelesen hatte kein richtiges anschließendes Nachgrübeln darüber bei mir ausgelöst hat. Mit dem Zuschlagen des Buches war auch das Nachdenken darüber beendet und da ich einen geistigen Nachhall meiner Lektüre mag, bekommt Dracula von mir in der Bewertung ein Pünktchen abgezogen.
Fertig. Ich hoffe, ich habe euch nicht zu viel des Inhalts verraten (neudeutsch: gespoilert) sondern Lust auf dieses Buch gemacht.
Gruß,
Apfelkern