Sonntag, 4. November 2012

Raus aus der Matrazengruft

Zombies, Kürbisleuchten und Kürbisspeisen, schwarze Katzen, Hexen, blutige Wunden, Spinnenweben - in der letzten Woche war Halloween und meine Timeline voll davon. Nichts von alledem konnte mich erschrecken, was weniger daran lag, dass die Objekte so wenig furchteinflößend waren (obwohl…) sondern viel mehr daran, dass ich selbst gerade einen üblen Schrecken durchlebte: ich bin krank.

Wahrscheinlich ist neben dem Verlust von geliebten Menschen Krankheit das, was ich am meisten fürchte. Je nach Erkrankung und deren Auswirkungen kann einen das sehr hilflos machen und sämtliche Planungen durcheinander werfen und genau das durfte ich erleben.

Gerade die ersten zwei Wochen an der Uni überstanden, einen Hauch einer Idee, wie das ganze abläuft bekommen und froh, dass man sich bald in dem Umfeld zu Hause fühlen würde und vorfreudig auf mehr Vorlesungen, Praktika, Seminare und was es da noch alles gibt und da kommt ein hübscher Virus um die Ecke, der dich lahm legt. Herzlichen Dank auch.

Wie soll ich mich denn erholen, wenn ich einfach nur Panik schiebe, wie ich das mit den Fehlzeiten machen soll?
Genau genommen, ging das mit der Panik auch nur bedingt, da ich viel zu sehr erledigt war und einfach nur Tee in mich hinein schüttend im Bett lag. In solchen Momenten denkt man darüber nach, was man alles tun könnte, mit der ganzen Zeit, die einem in diesem Moment quasi zur Verfügung steht. Selbst wenn man sich nicht aus dem Bett heraus bewegen kann, sind ja noch eine Menge Aktivitäten möglich. Man könnte sich Filme ansehen, Bücher lesen und bloggen. Oder man ist nützlich und bereitet die ganzen verpassten Vorlesungen direkt nach. Sich den Laptop ins Bett zu holen reicht dazu schon.

Aus all dem wurde natürlich nichts, denn das Grundprinzip von Krankheit ist leider nicht, die Zeit in der man leidend mit Schmerzen und sich matt fühlend im Bett liegt, produktiv zu nutzen. Die einzige mögliche Aktivität neben Nahrungsaufnahme und Badbesuchen ist die Genesung und dazu kann man wenig mehr beitragen außer sich Ruhe zu gönnen und nichts zu tun.

Das klingt total entspannend, einfach nur im Bett zu liegen, Tee zu schlürfen und zu schlafen aber auf Dauer wurde es für mich absolut lästig. Als Mensch mit ausgeprägtem Aktivitätsdrang kann ich völlig verstehen, wie es zu dem Ausdruck "ans Bett gefesselt" kam: man will nicht nur liegen, kann aber gar nicht anders.
Da steht Halloween vor der Tür, eine Horde Kürbisse in der Garage und ich konnte nicht einen verarbeiten, weil ich nicht aus dem bett hoch kam. Blöd.
Aber wahrscheinlich ist es sogar ganz gut, dass ich, wenn ich denn einmal wirklich krank werde, was selten geschieht, so richtig krank bin und nicht mehr aus dem Bett komme. Denn so komme ich nicht auf den Gedanken, in der freien Zeit mal eben einen Kuchen zu backen, sondern fokussiere mich erst einmal aufs Überleben.

Weil ich auch so ungern gezwungen bin, krank im Bett zu liegen, kann ich ein hervorragender Patient sein. Brav die größten Medikamentenklötze regelmäßig schlucken, literweise (bitteren zu lange gezogenen Salbei-)Tee trinken, Temperatur messen und Brühe zum Aufpäppeln löffeln, klaglos Dampfbad machen und mit vorbereitetem Zettel, der die Symptome und deren Veränderung auflistet zum Arzt gehen.

Alles nur Maßnahmen, um möglichst schnell wieder den Patientenstatus loszuwerden, denn so hochinteressant ich Medizin auch finde und so wichtig es auch ist, sich in Patienten hinein zu versetzen und nachfühlen zu können, wie man als Kranker empfindet:
es macht einfach keinen Spaß, krank zu sein oder offen gesagt - ich hasse es, wirklich krank zu sein.

Es ist nicht planbar, wirft Termine durcheinander und manchen aus der Bahn, ist unangenehm und überhaupt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand gern krank ist.

Langsam wieder auf dem Weg der Besserung vor allem Dank sich liebevoll um mich sorgender Menschen und einem zweiten Arzt, der dann auch wirklich diagnostizierte, was los ist, bin ich demnächst raus aus der Matratzengruft. Endlich.
Das einzig gute an Krankheit ist, dass man dadurch die Gesundheit zu schätzen lernt.

Apfelkern

4 Kommentare:

  1. Auf den letzten Satz trinke ich! Als gesundes Wesen weiß man das wirklich nie zu schätzen.

    Ich hoffe dein Drüsenfieber ist nicht allzu stark. Meine Cousine hatte das regelmäßig und wenn wir dann von weitem mal "Hallo" sagten, hatte das schon das Flair vom Exozisten. Wirklich unschöne Krankheit.

    Aber laut Nitzsche wächst du an solchen Krankheiten und an Unglück! Immer positiv denken. Und gesund werden. ;)

    liebe Grüße~

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    1. So schlimm wie deine Cousine hat es mich zum Glück nicht erwischt, doch der Gedanke, dass man sich noch wochenlang (Wochen, die sich zu Monaten summieren…) schonen soll, macht das doch ganz schön Angst. Wenn der Arzt einem erzählt, die Milz wäre vergrößert und könnte spontan bei Überanstrengung reißen, ist man auch eher weniger begeistert.

      Dann höre ich mal auf Nitzsche und wachse dran.

      Sei gegrüßt,

      Apfelkern

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  2. "Richtiges" Kranksein bedeutet für mich jedes mal einen kleinen Weltuntergang, da für mich damit eine Vielzahl an Aktionen ausfällt, und man sich dann ewig darum kümmern muss, wieder den Anschluss zu finden.
    Das man trotz, oder vielleicht gerade wegen, eines starken Interesses an Medizin nicht unbedingt mit ihr in Kontakt treten möchte, erlebe auch ich immer wieder. Das gilt vor allem für Notfälle. Es macht irrsinnig viel Spaß etwas darüber zu lernen oder welche zu betreuen, aber man möchte unter keinen Umständen selber einer werden.

    Was uns nicht umbringt macht uns hart ;),
    Pearl

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    1. Ein kleiner Weltuntergang ist eine sehr treffende Formulierung fürs Kranksein. Allein schon der ganze Aufwand, die Uni Veranstaltungen nachzuholen ist groß genug, um umgehend vor Erschöpfung fast wieder krank zu werden.

      Viel über Krankheiten zu wissen, bedeutet wahrscheinlich auch, vor ihnen mehr Respekt zu bekommen und weniger naiv damit umzugehen. Panisch werden sollten man aber trotzdem nicht.

      Liebe Grüße,

      Apfelkern

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