Dienstag, 17. Juli 2012

Ausgetretene Pfade


Kaum aus dem Urlaub zurückgekehrt öffnete ich kürzlich die Liste meiner abonnierten Blogs und wollte beginnen, die erschienenen Artikel zu lesen. Hunderte auf mich wartende Posts. Das Lesen erschien mir in dem Moment viel mehr als ein Abarbeiten.
Ich scrollte durch die Liste, las Titel und den Beginn der Posts und konnte den Gedanken nicht unterdrücken, dass das alles der gleiche Mist ist. Alles nach dem gleichen Schema, nichts neues.
Einer der wenigen Posttitel, der mir ins Auge fiel, war das recht provokante Bloggen ist langweilig! von Konna.

Der Artikel gibt genau das Gefühl wieder, was ich beim Durchsehen der erschienenen Posts der vergangenen drei Wochen hatte:

"Im Prinzip schreiben wir doch alle die ganze Zeit über nur noch dieselbe Scheiße. Vielleicht in anderen Worten und mit anderer Duftnote, aber grundsätzlich wird alles immer und immer wieder durchgekaut."

Alles schon mal gehabt - die 52-er Projekte, Themenreihen, Wochenrückblicke - immer wieder das gleiche Schema mit einem langsam zu Altpapieraroma werdenden Beigeschmack.
Wann hat das Bloggen aufgehört, anregend und erfrischend zu sein?

Als ich begann, Blogs zu lesen war es wie alles neue noch unerforscht und aufregend. Nach der Gründung eines eigenen Blogs fühlte ich mich ganz stolz wie ein Teil einer großen Familie und postete eifrig auch ohne dass viele Notiz davon nahmen. Das war völlig egal; es reichte zu wissen, dass ich meine Gedanken mit neuen Menschen teilen und diskutieren konnte, auch wenn es nicht viele waren.

Mit der Zeit wurde das Bloggen Teil des Alltags, Routine. Erwarten die Leser nicht mindestens zwei Posts pro Woche, um mir erhalten zu bleiben? Also wurden diese Posts geschrieben. Es änderte sich zwar nicht die Art des Artikels und hoffentlich auch nicht deren Qualität, doch allein schon der veränderte Grund zum Bloggen störte mich.

Ich bin ein unbezahlter und freiwilliger Blogger mit einer Leidenschaft für die hier fabrizierten Texte und gleichzeitig schreibe ich doch auch aus Pflichtgefühl. Weil es Teil des Alltags geworden ist und man sich einbildet, andere würden auf die von einem selbst produzierten Texte warten. Natürlich doch.
Wenn man diese Aufgabe des Bloggens nur noch als Teil des abzuarbeitenden Stapels ansieht, können die Artikel nicht besser werden. Krampfhafte Themensuche und Lustlosigkeit zum Schreiben haben mich noch nicht befallen; Lustlosigkeit bezüglich des Lesens in vielen Fällen schon.
Man merkt den Artikeln an, ob sie für die Quote geschrieben wurden oder weil man etwas mitteilen wollte.
Es tritt eine gewisse Sättigung auf. Man will nicht Diskussion xy neu aufrollen, nicht die hundertste Rezension eines Buches, eines Albums oder was auch immer lesen.
Ja - aber was denn dann? Das Rad kann nicht täglich neu erfunden werden. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, sich ein Postthema auszuwählen, über das noch nie jemand seine Gedanken aufgeschrieben hat? Eben.

Ich denke, es liegt einfach an der immer größer werdenden Menge von existierenden Blogs durch die natürlich auch die Zahl der für lesenswert befundenen Seiten darunter steigt, welche man abonniert. Dadurch kommt es zu Unmengen von neu erscheinenden Artikeln, die zu lesen man aber nicht immer schafft und so immer öfter einfach Posts überspringt obgleich sie durchaus interessant und geistig bereichernd sein könnten. So verfolgt man nur noch die wenigsten Blogs durchgehend und verliert so auch die persönliche Bindung zu Autoren und deren Seiten, abgesehen von wenigen Ausnahmen, deren Autoren man vielleicht persönlich oder die Seite auch einfach nur lange kennt, bis alles zu einem anonymen Einheitsbrei wird. Einfach nur noch eine belastenden Textflut. Wie gut, dass man sie ignorieren kann, ohne dass der Autor es merkt.
Ein möglicher Grund für den von mir bereits angesprochenen Kommentarmangel.

Es strömt einfach auf zu vielen Kanälen zu viel Information auf einen ein und diesen Umstand hat man sich auch noch selbst zuzuschreiben. Weil man ja am Ball bleiben will; nur nichts verpassen will.
Unter Lawinen fremder Gedanken ersticken manchmal auch die eigenen.

Das Bloggen ist nicht langweilig, die Themen sind nicht in allen Fällen schlechter geworden - wir sind einfach nur abgestumpft.
Ich fürchte, dass uns das nicht nur hinsichtlich der Blogs passieren kann: es kann auch das ganze Leben betreffen. Jedes Jahr wiederholt sich im exakt gleichen Schema, jeder Tag hat den selben Ablauf.
Kann ja sein, dass besagter Ablauf ein bequemer ist, doch will ich für den Rest meines Lebens jeden das den Vortag aufgewärmt noch einmal erleben? Nein.

Denn der Sinn des Lebens - was auch immer er sein mag - beinhaltet meiner Meinung nach, dass man sich verändert und weiter entwickelt, was mit einer Routine in Endlosschleife nicht möglich ist.

So weit so gut. Und was nun? Selbst wenn man Neuerungen macht, wird man sich irgendwann auch an diese gewöhnt haben. Darauf folgt dann mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder eine Welle von Anregungen zur Veränderung und im besten Fall dadurch ausgelöst auch ein tatsächliches Verlassen ausgetretener Pfade.
Und betrachtet man all das mit einiger Distanz ist auch das ein sich ewig wiederholendes Phänomen insofern man es nicht schon ganz aufgegeben hat, sich an der Monotonie zu stören und irgendwas ändern zu wollen. Dennoch ergibt es für mich auch keinen Sinn, sich dem bloßen Dahinleben hinzugeben. Wie eine Aufgabe, die einen schon lange nicht mehr reizt und nur noch aus Gewohnheit erfüllt wird. Seine limitierte Zeit so zu verbringen ist für mich als Konsequenz eine Verschwendung.

Bloggen ist nicht langweilig; wir selbst sind es, die im Gewohnheitstrott fad und farbenblind werden. Wie auch immer die individuelle Veränderung aussieht - uninteressant und zu Ballast gewordenes loswerden, neue Begeisterungen und Herausforderungen zu entdecken oder auch neue  Personen kennen zu werden: einfach mal die ausgetretenen Pfade verlassen. Denn nur mit dem Schaffen neuer Pfade kann man auch Spuren hinterlassen.

Apfelkern

2 Kommentare:

  1. Im Moment macht mir noch das schreiben eines jeden einzelnen Eintrages spaß und ich hoffe nicht, dass sich das ändern wird. Das mag aber vielleicht ein bisschen an meiner Arroganz gegenüber den (hoffentlich vorhandenen) Lesern liegen. Gibt es keine Themen die mich interessieren, gibt es keine Einträge. Im Normalfall scheitert es bei mir jedoch leider eher an der Zeit, etwas zu schreiben, aber schreiben aus Pflichtgefühl fände nicht richtig. Mein Anspruch an einen Blog ist, dass er aus Spaß und Interesse am Bloggen entstanden ist und davon lebt. Ich hoffe, dass sich meine Einstellung zum Bloggen nicht so schnell ändert, auch, weil ich noch nicht so lange dabei bin.

    Viele Grüße,
    Pearl

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