Jeder Tag ist ein Jahrestag nur denken wir an die wenigsten. Natürlich, alle auf uns bezogene Anniversarien wie Geburtstage, Hochzeitstage oder zu Konsumgroßereignissen gewordene Feste mit religiösem Hintergrund an die wir auch regelmäßig durch die Werbung erinnert werden behalten wir im Gedächtnis. Der Rest fällt einfach in den Müllschlucker des menschlichen Gehirns.
Hat heute irgendwer daran gedacht, dass heute vor exakt einem Jahr die Ölplattform Deepwater Horizon havarierte? So schön hatten die Nachrichten uns anschließend alles in animierten Erklärfilmen vorgespielt: eine Explosion mit darauf folgendem massivem Ölausstrom; die Plattform gerät in Brand und sinkt zwei Tage später. Und wegen der Flut der katastrophenverheißenden Vorhersagen konnte man sich gar nicht mehr vorstellen, dass es jemals ein schlimmeres Ereignis gegeben hat.
Um ehrlich zu sein hat auch mich erst eine Radiomeldung wieder daran erinnert.
Es ärgert mich, dass wir solche Dinge vergessen und stattdessen unser kollektives Gedächtnis meldet, dass heute vor 122 Jahren Hitler geboren wurde. Es ist glasklar - wir wurden vom kollektiven Vergessen getroffen, das man vielleicht auch Verdrängung nennen kann.
Aus aktuellen Anlässen werden wir am 26. April vermutlich dem 25 Jahrestages des GAUs im Atomkraftwerk in Tschernobyl gedenken. Wie wäre es aber ohne einen weiteren nuklearen Unfall gewesen? Und wer würde ohne die Hinweise von Funk und Fernsehen einen Gedanken daran verschwenden?
Das Vergessen an sich ist wichtig. Wir würden sonst in einer Lawine von Informationen ersticken und das Wesentliche nicht mehr herausfiltern können. Wahrscheinlich ginge es uns wie einem Computer mit fast vollem Speicherplatz - wir würden für alle Prozesse viel länger brauchen.
Doch wie soll man aus der Vergangenheit lernen wenn man bis auf Bruchstücke alles vergessen hat?
Letztendlich ist das "Löschen" der Informationen aus unserer Erinnerung wichtig, denn sonst würden wir regelrecht erdrückt von all den Negativmeldungen, die täglich auf uns einstürzen.
Der daraus resultierende Lebensmut mag naiv sein, kombiniert mit Erinnerungen an relevante Ereignisse der Menschheitsgeschichte und einer im Bewusstsein päsenten Essenz der daraus gefolgerten Moral ist aber für mich persönlich der goldene Mittelweg.
Denn wir sollten nicht alles geschehene ignorant nach dem Motto es ginge uns nichts an von uns weisen, aber uns auch nicht davon deprimieren lassen.
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