Erinnert ihr euch noch an den Freitag vor genau einer Woche? Die Twitter-Timeline war voll von Paaren, die einander ihre Liebe beteuerten, die perfekte Beziehung priesen. Auf der anderen Seite gab es die Singles, die murrten, dass dieser Tag eh bloß Konsumscheiße wäre, die keiner braucht und sich entweder darüber ausließen, wie blöd das Dasein als Single ist oder dass sie so einen Kram wie Beziehungen gar nicht bräuchten.
Es gab einige unter den Singles, die so sehr jammerten, dass es wirkte, als könne man ohne Partner nur einsam und unglücklich sein. Allerdings sehe ich das ganz und gar nicht so, dass alle Singles zwangsweise einsam unglücklich sein müssen.
Zuerst einmal sollte man sich bewusst werden, dass es einen großen Unterschied zwischen den Adjektiven einsam und allein gibt.
Allein heißt bloß, dass sich gerade niemand in der Nähe befindet, zu dem man engen Kontakt hat. Trotzdem kann man viele Freunde haben, die in dem betrachteten Moment einfach nicht anwesend sind beziehungsweise nicht mit einem über andere Wege interagieren. Ab und zu allein zu sein empfinde ich sogar als angenehm um mich ein wenig zu sammeln und mich mir selbst zu widmen.
Allein ist ein temporärer Zustand, der beendet ist sobald die vorhandenen Freunde durch die Tür herein kommen.
Einsam dagegen heißt, dass nicht nur niemand in diesem Moment für einen da ist, sondern dass es wirklich niemanden gibt, der es in einem anderen Moment tun würde. Kein Partner, keine Freunde, keine Bekannten, keine Geschwister und keine Familie, denen man sich anvertrauen und denen gegenüber man ganz so sein könnte, wie man ist - das bedeutet einsam zu sein. Und das ist meiner Meinung nach kein Status, der wirklich häufig ist und vor allem nichts, das man als Single zwangsläufig erlebt.
Im Gegenteil: es gibt viele zufriedene Singles, die ihre Zeit mit ihren Freunden verbringen, es sich selbst gemütlich machen und einfach genießen, unabhängig ihre Zeit einteilen und wenn sie Lust haben auch mal einen Flirt zu erwidern.
Wenn ich so an meine Zeit als Single während der kompletten Schulzeit denke: klar hätte ich manchmal gern einen Partner gehabt, mit dem man lachen und kuscheln kann. Um euch jetzt aber mal so richtig zu schockieren: ich war absolut glücklich als Single und der Valentinstag war mir Schnuppe. Nachdem ich gesehen hatte, was einige Mitschüler an Stress wegen Trennungen, Seitensprüngen, nicht erwiderter Verliebtheit und ähnlichem hatten, kann ich nur sagen, dass ich ein unglaublich entspanntes Leben hatte und eine Beziehung nicht wirklich vermisst habe. Und mich aus Verzweiflung irgendwem an den Hals zu werfen, nur um für die Statistik einen Freund zu haben, fand ich schon immer albern.
Die erste Beziehung kam dann eher ungeplant und das finde ich um ehrlich zu sein auch besser. Wenn jemand ganz verkrampft sucht, sich bei jedem Kellner, der zwei mal nett zu ihm war gleich einredet, dass da war draus werden könnte und wenn er nicht gerade dabei ist, die Jammerqualle zu geben und sich darüber auszuweinen, wie schlimm es als Single ist, alles anflirtet, was nicht den Partner an der Hand hat oder bei drei auf dem Baum ist, kann das auch nichts werden. Ein wenig wirkt so ein Verhalten, als würde derjenige geradezu nach einer Beziehung suchen als wäre es die letzte Chance, noch einmal jemanden abzubekommen und glücklich zu werden. Und ich glaube auch, dass so ein Verhalten viele potentielle Partner abschreckt.
Auch wenn die ganzen Partnervermittlungsportale etwas anderes behaupten: ich glaube, dass der Großteil der Beziehungen aus Zufällen entstehen und nicht aus Planung.
Es gibt noch etwas, das mir immer wieder auffällt. Viele der unglücklichen Singles sehnen sich so sehr danach, eine Beziehung zu haben, weil sie denken, dass sobald man einen Partner hat - zack! - alles perfekt ist. Wer mit sich selbst grundlegend unzufrieden ist und sich selbst als Person weder schätzt noch mag, kann meiner Meinung nach auch mit einer Beziehung nicht glücklich sein, solange er nicht mit sich selbst in zumindest grundlegender Harmonie ist.
Es ist zwar so ein alter Hut, doch trotzdem kann ich nicht anders als dem Spruch zuzustimmen: Wer sich selbst nicht liebt, kann auch anderen keine Liebe geben.
Ach und: sich einzureden, mit einer Beziehung wäre Upgrade von Langeweile, Unzufriedenheit und Selbstunsicherheit als Single zu Selbstbewusstsein und Zufriedenheit als vergebene Person sofort geschehen, ist auch Selbsttäuschung. Man kann sich zwar verändern, bleibt aber im Grunde egal ob in Beziehung oder nicht die gleiche Person. Das ist vielen bewusst und daher vermute ich auch, dass so offensichtlich unglückliche Singles es schwerer haben, einen Partner zu finden.
Was will ich euch damit nun sagen? Nehmt nicht jeden Valentinstag als Anlass, um gegen den Tag zu schimpfen und über euer Singledasein zu jammern. Seid gut zu euch selbst, unternehmt was schönes und macht euch keine Sorgen, dass mit euch etwas nicht stimmt, weil ihr in dem Moment vielleicht keinen Partner habt. Euer Zufall lässt einfach noch etwas auf sich warten.
Und bis er eintritt, sich ständig darüber zu ärgern und sich das Leben schwer zu machen hilft ja auch nicht.
Apfelkern
Drei Jahre Single und irgendwie nicht einsam. Aber auch nicht auf der Suche. Ist mal ganz entspannend, wenn man einfach machen kann, was man mag. Auch diese Zeit geht vorüber. Ich weiß nur gerade nicht, ob ich das überhaupt will.... :-)
AntwortenLöschenGruß, Holger
Klingt ein wenig als wärst du genau dieser Typ Single, den ich im Post zu beschreiben versucht habe: ein Single, der mit seinem Leben auch ohne Beziehung einfach zufrieden ist und auch nicht dringend auf der Suche ist. Schön zu lesen, dass ich es mir nicht bloß einbilde, dass es auch sehr zufriedene Singles gibt
LöschenLiebe Grüße,
Apfelkern
Schön, dass du die "Jammerqualle" gleich verwertet hast. Das Thema kam am Donnerstag nach deinem Adieu auch wieder ein paar mal auf und ich wünschte, ich hätte den Link zu diesem Beitrag gleich weiterleiten können. Auf den Punkt! :)
AntwortenLöschenDas Wort Jammerqualle ist viel zu großartig, um es der Menschheit vorzuenthalten. Eigentlich sollte ich es so regelmäßig benutzen, bis mein Umfeld es in seinen Wortschatz integriert hat. Du kannst mir ja dabei helfen. :D
LöschenFühl dich frei, den Beitrag weiter zu reichen, wenn das Thema mal wieder aufkommt.
Es ist nicht mal die Selbstakzeptanz in der Liebe. Wenn man mit sich nicht im Reinen ist, sich für irgendwelche Körperteile schämt oder sonstwie unentspannt ist, dann ist man auch schon nicht sexy, hätte also auch als Single keinen möglichen Spaß. Gleichwohl setzt sich das auch im Beruf usw. fort, wenn du da kein Selbstbewußtsein hast, dann bist du vielleicht ein Fußabtreter, aber es wird dir nicht gut gehen und du wirst nicht vorwärts kommen. Dennoch ist es nicht so einfach, nur diesbezüglich ein "komma klar" rauszuposaunen, weil ein bisschen Rücksicht und Sozialkompetenz auch ganz hilfreiche Komponenten sind. Ich bin jedenfalls unter anderem auch deshalb Single, weil ich einfach die menschliche Schönheit, die ich mir wünsche, in den meisten potentiellen Kandidatinnen einfach nicht finde. Bleibt es halt bei Kontakten, die auf niedrigerer Ebene stattfinden.
AntwortenLöschenIch kann dir nur zustimmen, wenn du sagst, dass Selbstakzeptanz grundlegend ist, um in der Liebe, privat und im Beruf "erfolgreich" zu sein. Selbstakzeptanz ist nichts, was sich mal eben aufbauen lässt, sondern etwas, das Jahre braucht, sich zu entwickeln - besonders, wenn sie in der Kindheit nicht vermittelt wurde. Daher bin ich sehr sehr dankbar, dass meine Eltern viel Wert darauf gelegt haben, ihren Kindern zu zeigen, dass sie wertvolle und liebenswerte Menschen sind, die an sich glauben sollen.
LöschenSchöne Fassade heißt noch lange nicht, dass sich dahinter ein schöner Geist verbirgt, aber dass es dem gesamten Umfeld so an menschlicher Schönheit mangelt, erlebe ich nicht. Andererseits sucht man in einem Partner ganz besondere menschliche Schönheit - da braucht es mehr als im Falle eines Kollegen, um ihn als sympathisch einzustufen.
Ich drücke dir die Daumen, dass du noch jemanden findest, der auch charakterlich Eigenschaften mitbringt, die du dir für eine Beziehung wünschst.
Liebe Grüße,
Apfelkern
Und auch nach einer viel zu langen Abstinenz vom dem Bloggoversum verzaubert mich dein Blog sofort wieder wie, als ich ihn zum ersten Mal gelesen habe! Dank der Motivation und Gedankenführung deines Postes, werde ich meine Gedanken dazu dann wahrscheinlich dann auch mal Ordnen und in Form eines Posts entsorgen ... denn dieses Thema treibt mich schon seit geraumer Zeit um.
AntwortenLöschenEs tut wirklich gut mal wieder unaufgeregte, intelligente und gut beobachtet und geschriebene Artikel zu lesen!
Viele Grüße,
Pearl.
Ich freue mich, dass du zurück ins Bloggoversum (was für ein Wort!) gefunden hast!
LöschenAls ich heute morgen deinen Post gelesen habe, habe ich mir schon gedacht, dass du wahrscheinlich jetzt auch Semesterferien hast .
Schön zu lesen, dass dir mein Blog noch immer gut gefällt! Viel Spaß beim Lesen, vielen Dank für den lieben Kommentar und liebe Grüße,
Apfelkern