Huch, ist es denn wirklich wieder so weit? Ein paar Stunden noch und wir purzeln mit einer Menge Lärm und Feinstaub in das Jahr 2019. Werde ich alt oder vergeht die Zeit jetzt doch wirklich schneller?
Ich habe schon von einigen Leuten gehört, dass dieses Jahr furchtbar war, doch egal, wie oft ich darüber nachgedacht habe, bleibt es dabei: Das Jahr war sehr gut zu mir.
Viel Zeit habe ich im Krankenhaus verbracht, allerdings nicht im Bett sondern auf den eigenen Füßen. Das Praktische Jahr des Medizinstudiums bedeutet viel Rennerei. Man ist Lückenfüller, ein Mädchen für alles. Dadurch habe ich viel über zwischenmenschliche Kommunikation gelernt, natürlich fachliches, wie man emotional unterstützt ohne zu aufdringlich zu sein. Plötzlich ist man an so vielen Stellen gefordert.
Mir hat es Spaß gemacht, so richtig wie ein Mensch mit fertiger Berufsausbildung im Team zu arbeiten statt nur Vorlesungen, Seminare und ab und zu Praktika zu haben. Ich habe so viel gelernt und gemerkt, dass ich noch so so viel mehr zu lernen habe. Manchmal frustriert das, manchmal spornt das an. Aber lieber für immer neue Dinge lernen als ewige Ödnis im Beruf.
Zwischen dem Tertial in meinem Wahlfach Dermatologie und dem chirurgischen Tertial, konnte ich noch durch Italien reisen. Ich habe Venedig im Schnee gesehen, mich in das gemütliche Städtchen Bergamo verliebt, Käse in Parma gespeist, Grippe in Mailand gehabt und anschließend meinen Freund damit angesteckt.
Während meinen vier Monaten in der Chirurgie war ich außerhalb Berlins. Zum ersten Mal über längere Zeit getrennt von meinem Freund seitdem wir zusammen sind. Man kann die Paare, die ständig aufeinander hocken ja leicht belächeln, doch ich habe erst dieses Jahr bemerkt, wie wichtig mir dieser Mensch ist und wie viel glücklicher wir beide zusammen sind. Es war eine kleine Belastungsprobe, die zum Glück nie kritisch war. Umso erleichterter war ich, als ich wieder dauerhaft zurück in der gemeinsamen Wohnung war. Und das auch, weil ich schnell bemerkt habe, dass so ein Studentenwohnheim sehr spartanisch und lange nicht so gemütlich ist wie eine richtige Wohnung. Trotzdem bin ich sehr dankbar für diese Erfahrung, die Spieleabende mit anderen Wohnheimsstudenten und eine neue Freundschaft.
Zurück in Berlin ging es dann gefühlt im Zeitraffer einige Monate in die Innere Medizin und schon stand das mündliche Staatsexamen kurz bevor. Das hat mich extrem unter Druck gesetzt. Mündliche Prüfungen mochte ich noch nie und jetzt, wo diese Prüfung nun über den Abschluss meines Studiums entscheiden sollte, war es auch nicht entspannender. Wochenlange Lernsessions, stundenlange Treffen mit anderen Prüflingen, um Fragen durchzusprechen und dazwischen nur ein bisschen Schlaf, Essen und Sport haben mich ganz schön geschlaucht.
Als ich die zwei Tage der Prüfung dann hinter mir hatte, konnte ich es kaum fassen. Wow, plötzlich ein abgeschlossenes Studium zu haben ist ein irres Gefühl… und stürzte mich gleich in die nächste Panikattacke.
Denn jetzt, wo das universitäre System mich ausgespuckt hatte, war die Zukunft für mich komplett unklar. Ich habe mich als Assistenzärztin beworben und musste feststellen, dass zwar Ärzte gesucht werden, Berufsanfänger jedoch nicht.
Nach kurzer Verzweiflung hatte ich riesiges Glück und habe eine Stelle in einer Praxis bekommen. Das wirkt noch immer ganz surreal für mich. Bis zum Arbeitsbeginn im Februar 2019 habe ich ein entspanntes Leben mit Zeit für all die Dinge, die ich mir vornehme.
In diesem Jahr habe ich mich mehr mit Ernährung auseinander gesetzt. Schon lange war mir bewusst, dass es völlig unökonomisch ist, Fleisch zu essen, was den Verbrauch von Ressourcen und die dadurch resultierende Verschmutzung von Grundwasser, Treibhausgasproduktion aber auch das Leid der Tiere angeht. Dennoch habe ich das aus Egoismus und Faulheit - schmeckt ja und ist leicht verfügbar - ignoriert. Doch so ist ja auch keinem geholfen. Zuhause habe ich lange schon ausschließlich vegetarisch gekocht, doch auswärts war ich da weniger konsequent.
Nun habe ich zum Ärger meiner Familie mein erstes fleischloses Weihnachtsfest mit Weihnachtsbraten gefeiert und war ganz beeindruckt, wie sehr andere Leute sich darüber aufregen können, dass man nun ein Ernährungsextremist ist und nicht mal zum Fest der Liebe den toten Vogel essen möchte. Ganz egal, ob man nun allen ein leckeres veganes Curry gekocht hat und seine Extrawürste selbst beschafft und zubereitet statt eine zusätzliche Last zu sein. Es ist schön, sowas dann nicht allein aushalten zu müssen, sondern die Eindrücke mit dem Partner teilen zu können.
Gesundheitlich hatte ich abgesehen von einer Grippe und Lebensmittelvergiftung (Reisnudeln mit Bacillus cereus, mein heißer Tipp) ein tolles Jahr. Zum siebenten Mal bin ich beim Halbmarathon geskatet, habe Unisportkurse besucht und auch selbst im winzigen Wohnheimzimmer immer Sport gemacht. Mit dem Unterarmstand ist es dennoch auch dieses Mal nichts geworden - man hätte ihn häufiger üben müssen.
Ich konnte reisen, den Sommer genießen, war auf einer Hochzeit, Konzerten, habe viel gestrickt und hatte ein echt gutes Jahr. Nur mit dem Bloggen lief es nicht so rund. Da ich das Gefühl hatte, eh kaum Reaktionen auf meine Beiträge zu erhalten, habe ich mein Mitteilungsbedürfnis eher auf Twitter und Instagram ausgelassen. So haucht man der Bloggerszene aber auch kein Leben ein.
Insgesamt bin ich mit meinem momentanen Leben sehr zufrieden und ganz aufgeregt-neugierig, was das "richtige" Arbeitsleben außer finanzieller Unabhängigkeit (endlich!!!) so mit sich bringen wird.
Ein gutes Jahr klingt für mich heute aus und ich hoffe, dass das nächste auch so gut gelingt.
Macht es gut und rutscht gesund rein!
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