Freitag, 12. Mai 2017

Wenn Freunde zu Bekannten werden

Je länger man lebt, desto mehr Menschen begegnet man. Manchen flüchtig, anderen intensiver. Manchmal ist es so, dass man im ersten Moment weiß, ob jemand einem völlig zuwider oder man komplett auf der gleichen Wellenlänge ist. Und je mehr Menschen man schon getroffen hat, desto besser kann man einschätzen, ob man mehr Zeit mit ihnen verbringen wollen würde oder lieber nicht.

Was ist aber mit den Menschen, die man als Bekannte und Freunde aus einer Zeit mitgenommen hat, in der man weniger gut beurteilen konnte, welche Art von Menschen man in seinem Leben haben möchte? Oder was ist mit den Freunden, die sich seitdem man sich vor fünfzehn Jahren kennen gelernt hat, in eine sehr andere Richtung entwickelt haben als man selbst?

Die Frage treibt mich schon eine Weile um. Eine gute Freundschaft machen für mich Vertrauen, Offenheit und die Fähigkeit, zusammen ganz man selbst; verrückt und mutig sein zu können aus. Freundschaft bedeutet, dem anderen nur Gutes zu wünschen und ihn dabei zu unterstützen, seine Ziele zu erreichen selbst wenn man nicht immer der größte Fan derer ist. Letztlich ist es für mich auch ein klares Zeichen ehrlicher Freundschaft, wenn ich nicht darauf neidisch bin, wenn meine Freunde große Ziele erreichen, sondern ich mich einfach nur für sie aufrichtig freuen kann,
Der Großteil meiner Freunde fällt in genau diese Kategorie.

Aber dann gibt es noch so ein paar, die quasi nur aus Gewohnheit da sind. Diejenigen, mit denen man sich nur ungern verabredet, weil man schon vorher weiß, dass wieder eine beklemmende Stille aufkommen wird, wenn der seichte heit-teiti Smalltalk abgearbeitet ist. Diejenigen, bei denen beide Seiten wissen, dass man sich nichts mehr gibt, sich nicht mehr ergänzt oder entspannt ohne vorgegebenes Programm zusammen sich beschäftigen oder gar Spaß haben kann. Zumindest glaube ich immer, dass es beiden Seiten wissen.

Nun aber zu dem, was mich wirklich quält: was mache ich mit diesen Menschen?
Offen ansprechen?
"Es tut mir leid, aber seit ein paar Jahren merke ich schon, wie wir uns nur noch selten verabreden, gezwungen lächeln weil man mit Freunden Spaß haben muss aber uns eigentlich gar nichts mehr zu sagen haben. Überhaupt hast du dich verändert; ich mich ja auch. Das passt alles nicht mehr zusammen. Meinst du nicht, es wäre besser, wenn wir nicht weiter so tun, als wären wir ernsthaft befreundet?"

Oder einfach ignorieren? Nach dem Motto, wenn man nur lange genug keinen Kontakt hat und Zeit vergehen lässt, werden sie einen schon vergessen und man muss sich nicht mehr schuldig dafür fühlen, dass man sich nicht mehr aufrichtig freut, Zeit mit dem anderen zu verbringen?

Letzte Variante wäre, weiter zu machen wie bisher und so zu tun als hätte sich nichts verändert. Zu meiner Schande muss ich sagen, dass ich genau das momentan tue und mich dabei einfach nur furchtbar fühle.
Ist es nicht verlogen, sich mit Menschen in seiner freien Zeit zu verabreden, wenn man tief in seinem Inneren gar keine Lust auf diese Personen hat? Ist es nicht eigentlich furchtbar dumm, seine so kurze Lebenszeit mit "Freunden" zu verschwenden, die einem einfach nur ein doofes Bauchgefühl bereiten und man sich mit ihnen die ganze Zeit anstrengen und eine Kulisse aufrecht erhalten muss?

Ich würde ja gern sagen, dass ich so konsequent wäre, diesen paar Menschen einfach ganz ehrlich zu sagen, dass es alles nicht mehr so ist wie es mal war und ich meine Zeit lieber anders verbringen würde als mit ihnen, aber am Ende bringe ich es nicht übers Herz. Da verbiege ich mich lieber weiter und lege angestrengt die "ich hab Spaß mit dir" -Performance hin und fühle mich im Anschluss elend.
Richtig schön blöd.

Wie sagt man Menschen am besten, dass man sich auseinander entwickelt hat, wenn sie es scheinbar noch nicht mitbekommen haben?

1 Kommentar:

  1. Tja, Schlussmachen ist immer schwer, auch bei Freundschaften. Manchmal geht es dann doch, wenn man sich einfach nicht mehr schreibt und sich nicht mehr meldet. Wenn es dann auf Gegenseitigkeit beruht, muss man zum Glück auch nicht so viel schlechtes Gewissen dabei haben.

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