Sonntag, 1. April 2012

Läuft doch

Der Beginn des Aprils lässt sich an vielen Dingen erkennen: die Temperaturen steigen weiter, alles grünt, es wird früher hell, es wird plötzlich wieder kalt, es schneit auch mal spontan (siehe gestern), manche Menschen glauben anlässlich des Tages verkrampft Scherze machen zu müssen und es ist vor allem wieder Zeit für den Halbmarathon.

Daher stand ich früh auf, zog die Sportsachen an, aß mit mit halbgerümpfter Nase den Haferbrei mit Äpfeln, der dem Sportler angeblich lange Kraft gibt und das bei mir bisher auch immer getan hat (Placeboeffekt?!), packte die Inline Skater ein und machte mich auf den Weg zur Bahn, die mich immerhin auf dem Weg zum Startpunkt anders als gestern nicht mit Schienenersatzverkehr ärgerte.
In der Bahn gesellte ich mich zu den Skaterinnen meiner Möchtergern-Profitruppe und musste feststellen, dass wir durch die stressige Zeit vor dem Abitur beeindruckend schlecht trainiert und dazu die Hälfte von uns erkältet war. Beste Voraussetzungen für die Strecke von 21.0975 Kilometern durch Berlin.

via

Als wir am Alexanderplatz ankamen, wo sich der Startpunkt befand, wurde auch schnell klar, dass der Himmel zwar zauberhaft blau, der Wind aber eiskalt war. Angesichts der allgemein schlechten Rennvoraussetzungen beschlossen wir, ganz entspannt zu fahren.


Habe ich erwähnt, dass wir aufgrund der guten Vorjahresleistung sogar im Startblock B der fortgeschrittenen Hobbyluschen statt im Startblock C für Möchtergern-Hobbyluschen positioniert waren? In weiser Vorraussicht stellten wir uns dort gleich weiter nach hinten, um niemanden zu behindern, denn im Startblock B sahen die Starter alle beeindruckend professionell aus: Sponsorshirt und schaftlose Inliner mit 100mm Rollen verrieten sie.
Nach dem Start zeigte sich, dass doch noch ein wenig Ehrgeiz in uns steckte und wir nicht mit Minimalgeschwindigkeit fuhren und so spaltete sich die Gruppe dann auch in die zurückbleibende Gruppe der Erkälteten, die sich daher auch nicht zu sehr anstrengen sollten und die gesunden noch immer vergleichsweise mäßig trainierten Läuferinnen.

Da wir nicht so sehr auf die Zeit achteten, konnten wir endlich auch mehr von den Sehenswürdigkeiten entlang der Strecke bewusst wahrnehmen statt zu bemerken, dass man durchs Brandenburger Tor gefahren ist und den Rest dann immer nur nachträglich auf den Bildern zu erkennen. Trotz anfänglicher Kälte und immer wieder aufkommendem starken Gegenwind hatte ich viel Spaß an dem ruhigen Gleiten in der Masse begleitet von der Musik der Bands und Cheerleadern am Straßenrand und den Rufen der Schaulustigen.
Ich sah relativ wenige Stürze, wurde aber fast selbst von einem vor mir fahrenden Mann mitgerissen, der beim Fallen mit seinem Arm gegen meinen Helm prallte. Das ist meiner Meinung nach der größte Nachteil des sonst so effektiven und vor allem energiesparenden Fahrens in einer Reihe.

Die ersten neunzehn Kilometer legte ich relativ mühelos zurück, dann trat plötzlich neben den schlechteren Straßen (körniger Asphalt ... grrrr) und stärker werdendem Wind eine gewisse Erschöpfung ein. Als ich dann aber das blaue Schild sah, dass den zwanzigsten Kilometer ankündigte, kam die Motivation zurück.


Bald darauf konnte ich dann zum Endspurt ansetzen und erreichte nach 58 Minuten und sieben Sekunden das Ziel.  Zum Vergleich: der Sieger schaffte es in 30 Minuten und 41 Sekunden. Immerhin war ich noch schneller als der Sieger der Läufer, der tatsächlich ganze 59:14 Minuten für die Distanz brauchte ... zu Fuß ... verrückt.

Meine persönliche Bestzeit von 52 Minuten und ein paar Sekunden aus dem letzten Jahr erreichte ich damit lange nicht, wirklich darüber geärgert habe ich mich aber auch nicht. Dafür war es einfach viel zu beeindruckend, dass ich mir die Strecke nach diversen Teilnahmen auch wirklich einmal bewusst angesehen habe.


Im Zielbereich durfte man sich dann seine (Teilnahme-)Medaille abholen, aber noch viel wichtiger waren die Stände mit dem Wasser, dem Tee und dem alkoholfreien Bier sowie den Bananen, mit denen man sich hemmungslos vollstopfen durfte. Jetzt wisst ihr, warum ich eigentlich an diesen Läufen teilnehme...

Schade nur, dass ich nach dem Lauf meistens so gebeutelt bin, dass ich nach einer Minute spontanem Ganzkörpererschöpfungsanfall immer nur gefühlt einen halben Liter Flüssigkeit und maximal drei halbe Bananen herunterbringe und nur erstaunt das Magenvolumen der bananeninhalierenden Profis (ich meine natürlich der fortgeschrittenen fortgeschrittenen Hobbyluschen) bewundern kann.  Wie viele Kubikzentimeter brauchen sechs halbe Bananen und fünf Becher Wasser sowie ein Halbliterbecher alkoholfreies Bier denn etwa?

Auf dem nächsten Bild seht ihr den hinteren Teil des Zielbereiches. Falls jemand das weiße Cape des Skaters aufgefallen ist, kann ich dessen Sinn leicht erklären: es verhindert, dass wir hocherhitzten Läufer nach dem Zieleinlauf nicht völlig vom starken Wind ausgekühlt werden. Und ja, ich weiß, dass man diesem so unschuldig blauen Himmel den beißenden Wind nicht ansieht.


Etwas weiter hinten standen dann die Wagen, welche die abgegebenen Beutel mit dem Kram der Teilnehmer lagerten.


Voldemort findet sein Gepäck nicht

Irgendwann kam der Zeitpunkt, sich die Skater von den Füßen zu ziehen und anschließend sehr seltsam durch die Gegend zu watscheln. Dadurch, dass man beim Skaten die typische Abrollbewegung des Fußes nicht machen muss, behält man das nach entsprechend langem Skaten auch noch ein Weilchen bei, sodass man wie ein Bauer durch die Gegend stapft. Warum auch immer - ich mag das Gefühl.


Nein, meine Inliner sind nicht rosa oder gar pink. Das schimpft sich Bordeaux.
Übrigens stehen sie auf meinem fabulösen weißen Windschutzcape.


Nachdem ich mich des Helms, der Protektoren und der Inliner entledigt hatte, wickelte ich mir mein Cape um die Schultern und beobachtete noch ein wenig die Irren Athleten, welche die 21 Kilometer wirklich zu Fuß zurücklegten.
Dass sie sogar im Zielbereich noch sprinten konnten deprimierte mich schließlich so sehr, dass ich mich entschloss, einfach nach Hause zu fahren und dort das Gefühl der Erschöpfung zu genießen.

Ich könnte jetzt direkt einschlafen, meine Beine fühlen sich schon ganz müde an. Vielleicht sollte ich ihrem Drängen nachgeben.
Oder mir einen Tee kochen und noch ein wenig lesen.

Gruß,

Apfelkern

3 Kommentare:

  1. Tee und Lesen klingt doch super :)

    Und es passt zwar nur so halb, aber ich habe mir heute ein neues Sport-Bustier gekauft ;)

    Lass übrigens deine Vorfreude auf die Alverde-Körperbutter nicht gänzlich ziehen- Düfte sind doch wirklich reine Geschmackssache.

    Liebe Grüße und einen schönen Restmontag noch...

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  2. Ich kann weder inlineskaten noch laufen. Eigentlich kann ich gar nichts in sportlicher Richtung, aber seit einiger Zeit geh ich einmal die Woche schwimmen.
    RE: Ja, es gibt viel zu viele Menschen, die seit/seid falsch benutzen. Du musst nur aufmerksam gucken!

    Ja, man sollte fremde Leute nachts nicht anstarren, aber ich gucke sie mir dann ein bisschen bewusster an. Natürlich könnte ich somit noch potentielleres Opfer werden..aber naja. D:

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  3. Coole Aktion. Ich hätte ja auch mal Bock auf so eine Skate-Tour, aber dann hätte ich doch viel zu viel Angst vor dem Massenstart!^^ Mein Freund hat seit dieser Woche auch Skates, ich freu mich schon mit ihm meine 15km Stammstrecke zu fahren! :p

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