Mittwoch, 27. Dezember 2017

Von Festtagsmitgefühl und schlechtem Gewissen

Weihnachten ist eine wundervolle Zeit.
Eine Zeit, in der man Traditionen zelebriert und sich gegenseitig beschenkt - sowohl materiell als auch einfach dadurch, dass man dem anderen Zeit widmet. Es sind Tage, die sich weit entfernt vom Alltag anfühlen. Wie eine eigene kleine Welt.

Trotzdem gibt es Momente, in denen ich an den Weihnachtsfeiertagen aus der Blase der weihnachtlichen Glückseligkeit falle.
Am 24. Dezember auf dem Weg zu meiner Familie, habe ich das Haus verlassen und bin an den Pennern, die gefühlt 24/7 am Spätkauf vor der Haustür herum sitzen und Bier trinken, vorbei geradelt. Der Gepäckkorb meines Fahrrads voller liebevoll eingepackter Geschenke für die ganze Familie. Aus meinem großen Transportbeutel blitzten die Geschenkverpackungen teilweise hervor.
In diesem Moment hatte ich ein unfassbar mieses Bauchgefühl, weil ich hier mit einem Haufen Geschenke durch die Gegend ziehe, während den Pennern scheinbar nicht mehr als das Bier und die Zigarette in der Hand vergönnt war.

Ein Gedankenkarussell begann sich in mir zu drehen.
Sollte ich vielleicht nicht meine geliebte Familie und den Partner beschenken, sondern Menschen, die ich zwar nicht kenne, denen aber sonst gar nichts geschenkt wird? Muss ich mich jetzt dafür schämen, dass es mir so gut geht? Aber es ist ja auch nicht so, dass ich nichts dafür getan hätte, dass ich jetzt nicht auf der Straße hocke. Wobei - wer hat entschieden, dass ich in eine Familie hinein geboren werde, die mich fördert und mir ein Studium mitfinanzieren kann? Das ist nun nicht unbedingt mein Verdienst.
Darf ich unbeschwert feiern, wenn ich weiß, dass vor meiner Wohnung Menschen sitzen, denen es sehr wahrscheinlich nicht gut geht? Müsste ich jetzt nicht mindestens an irgendeinen Hilfsverein Geld spenden, um mein Gewissen wieder einigermaßen zu beruhigen?
Allerdings sehe ich selbige Menschen auch im restlichen Jahr regelmäßig mit Zigarette und dem Bier um sieben morgens und schüttle den Kopf über diesen Lebensstil. Ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu haben. Denn immerhin entscheidet jeder selbst, was er mit seinem Leben anstellt. Nur die Startbedingungen werden eben ganz unfair zufällig zugelost.

Und was nehme ich jetzt aus der Erfahrung mit? Also, außer dem schlechten Gewissen, dass es mir gut geht.
So ein bisschen denke ich mir, dass man sowieso nicht alle retten kann. Ich habe schon oft erlebt, dass Obdachlose bei Entlassung aus dem Krankenhaus nicht alle Sozialhelfer und deren Sprechstunden besuchen wollen, die man ihnen anbietet, sondern lieber draußen sind als sich in unser soziales System einzufügen. Vielleicht sind das Einzelfälle, die ich miterlebt habe. Vielleicht aber lachen die dreckigen Gestalten vorm Spätkauf auch darüber, wie wir Hausbewohner früh in die Kälte marschieren und abends nach einem Arbeitstag zurück kommen, während sie immer noch genüsslich ihr achtes Bier schlürfen und mit ihren Kumpels reden.

Mir ist aufgefallen, dass zu Weihnachten die Leute insgesamt freundlicher sind. Es wird mehr gegrüßt, es wird Platz gemacht, wenn man sein Fahrrad noch ins Radabteil der Bahn schieben will statt rum zu murren. Uns wird so viel Freundlichkeit, Liebe und Wärme zuteil, dass wir davon ein wenig abgeben wollen. Deshalb ignorieren wir auch die Bettler und Penner weniger als im restlichen Jahr, weil uns bewusst wird, wie gut es uns geht, selbst wenn wir manchmal denken, dass es besser sein könnte.
Aus diesem Erlebnis nehme ich ein gesteigertes Bewusstsein dafür mit, wie gut es mir geht. Ich bin gesund, habe ein fast abgeschlossenes Studium, eine wundervolle Familie, einen seelenverwandten Partner, eine Wohnung und gute Aussichten, was die Zukunft angeht. Klar ist mein Leben nicht perfekt, anstrengend, frustrierend und all das, was das Leben so sein kann. Aber ich sollte beim Beklagen kleiner alltäglicher Probleme nicht vergessen, dass es mir eigentlich richtig gut geht.

4 Kommentare:

  1. Wertschätzung ist sehr wichtig, dadurch macht das Leben sehr viel mehr Spaß :)

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    1. Stimmt volle Möhre. Muss man nur erst mal heraus finden.

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  2. Ein toller, toller Beitrag zu Weihnachten!

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