Dienstag, 17. November 2015

Much too much

Jeder Mensch hat seine eigene Strategie, was das Aufräumen und das Bewahren einer Ordnung angeht. Bei mir funktioniert es so, dass ich gut sortierte Fächer für Dinge, die ich täglich brauche, habe und der Rest gemeinsam durcheinander in Schubläden schlummert. Kleidung, Unterlagen für die Uni oder auch mein Strickzeug werden ständig benutzt, ich weiß genau, wo welches Objekt liegt und ich bin recht zufrieden damit. Und dann gibt es noch diese Fächer und Schubladen, wo sich alle Gegenstände einer Kategorie einfach sammeln.

Ab und an ereilt mich eine Sortierwut und genau das war jetzt der Fall. Ich habe einfach mal den großen Schub unterm Bett hervor gezogen und war ein wenig schockiert angesichts der Unmengen von Bastelzubehör, das ich seit Jahren nicht mehr angefasst habe.
Scoubidou Knüpfschnüre aus Grundschulzeiten. Buntpapiersets, die ich vor Jahren mal im Kunstunterricht brauchte. Materialien zum Herstellen von Perlentieren.
In der Kommode sind ordentlich gestapelt Hefter aus Schulzeiten. Die für mich ganz abwegigen und wenig gemochten Fächer sind schon lange in den Papiermüll gewandert, aber der Biologieordner wartet noch immer darauf, dass ich ihn wie gedacht im Studium noch mal brauche. Ich fürchte, dass er da endlos warten wird.
In einem separaten Fach sind all die kleinen gebastelten Geschenke, die ich von meiner Schwester bekommen habe. Da liegt ein pailettenbedecktes Styroporei in grässlichen Farben, dass ich nutzlos und hässlich finde und doch noch nicht weg geworfen habe, weil es für mich gemacht wurde.

Warum hebe ich all das eigentlich noch auf, wenn ich es gar nicht benutze und es nur Platz einnimmt?
Es hängen Erinnerungen daran. Man sagt sich, dass man die guten alten Zeiten bestimmt noch einmal aufleben lassen wird und die Plastikschnüre unter dem Bett hervor holt, um daraus Anhänger zu machen. Man redet sich ein, dass man dafür Geld ausgegeben hat und deshalb jetzt quasi verpflichtet ist, es auch zu nutzen, um das Geld nicht am Ende verschwendet zu haben.
Trotzdem weiß ich in meinem Unterbewusstsein, dass ich die Schnüre nicht mehr mag. Sie riechen nach Weichmachern, böse Zungen würden sagen, sie riechen nach China. Wolle ist ein viel schöneres Material, das ich nicht gegen Plastikschnüre tauschen möchte. Also will ich das Plastikzeug loswerden. Aber einfach wegschmeißen käme mir wie Verschwendung vor. Nur an wen soll man Scoubidou Schnüre verschenken? Die waren 2005 mal modern und es fragte seitdem niemand mehr danach.

Wenn man so seine Sachen durchgeht, stellt man fest, wie viele Dinge man eigentlich hat. Diese ganzen Aktionen auf Blogs über Minimalismus, jeden Tag einen Gegenstand auszusortieren, habe ich bisher immer belächelt. Es kam mit vor wie ein zwanghaftes Aussortieren von Dingen, die man eigentlich noch benutzen würde aber wegen der Aktion weg werfen oder verschenken muss.
Nun ist mir klar geworden, wie viele Dinge ich habe, die lange schon kein Teil meines Lebens mehr sind und mich dennoch weiterhin umgeben. Ein bisschen davon bedrückt fühle ich mich auch. Es ist wie eine Art schlechtes Gewissen, Dinge zu haben, die man nicht braucht.

Würde man all die Besitztümer weggeben, die man gar nicht mehr liebt und benutzt, wäre das bestimmt ein gutes Gefühl. Ich erinnere mich noch, dass meine Mutti früher aus dem Kinderzimmer von meiner Schwester und mir immer heimlich einige Sachen für ein paar Monate in eine Mülltüte gepackt und versteckt haben. Alles, wonach wir in der Zeit fragten, gab sie heraus, der Rest des Sackes wanderte geschlossen in den Müll.
Diese Methode ist drastisch aber effektiv. Ob ich genau auf diese Weise aussortieren möchte, weiß ich noch nicht. Und wohin mit den Dingen, die für die Tonne zu gut sind und für die sich im Umkreis kein Abnehmer findet? Entweder verkaufen oder ab damit zum Schenkflohmarkt. Da ich nicht viel Erfahrung mit dem Verkaufen gebrauchter Gegenstände habe, ist die Hemmschwelle, einfach alles gratis beim Schenkflohmarkt weg zu geben, viel geringer.

Ich nehme aber noch ein anderes Fazit aus dem Öffnen der Schublade unter dem Bett mit: so verlockend beim Einkaufen das schöne Kerzenglas und das niedliche Lesezeichen wirken - man braucht diese Dinge einfach nicht. Geld auszugeben und sich den Lebensraum mit Gegenständen voll zu stellen, die man eigentlich nicht benötigt wäre Schwachsinn.
Nur noch Dinge zu kaufen, die man wirklich braucht und benutzt wäre die logische Konsequenz aber so einfach ist das eben doch nicht, wie es sich anhört. Der Mensch ist eben doch ein Sammler und hortet für schlechte Zeiten. Nur dann hilft der von Opa gebaute Miniaturwebrahmen und die Kollektion von Buntstiften auch nicht.

4 Kommentare:

  1. Jaa! Aber was is mit Geschenken von Freunden? Ist es moralisch hinnehmbar, dass man diese Sachen auch wegschmeiß?:(

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    1. Das ist eine wirklich komplizierte Frage. Darf man Geschenke weg werfen? Oder weitergeben an Menschen, die sich mehr darüber freuen würden? Würde ich wollen, dass man mein Geschenk entsorgt? Keine Ahnung. Wenn es in der Ecke liegt ist damit auch niemandem geholfen. Das ist Stoff für einen eigenen Blogpost…

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  2. Scoubidou und Perlentiere, da regt auch in mir was. Mein Bastelzubehör ist auch in einer Kiste und wartet auf mich. Ich habe auch schon öfter kurz davor gestanden einfach rigoros alles in den Müll zu werfen um endlich wieder etwas "atmen" zu können. Ehrlich gesagt, zu viel zu besitzen bedrückt mich von Zeit zu Zeit sehr (und das von einer mit einem Schminkblog), aber ich denke mir immer, dass das meiste davon noch jemand gebrauchen könnte und so kommt das alles auf meine "muss ich bei ebay einstellen" Liste und das wird dann gerne vor mir hergeschoben, denn ebay klingt einfach, aber Fotos machen unter halbwegs guten Lichtverhältnissen, bearbeiten, und einstellen und beschreiben dauert echt lange, vor allem wenn man mehrere Sachen hat. Hach, nicht so einfach.

    Solche Minimalismus Posts auf Blogs irritieren mich immer etwas, weil ich selbst mir das (zumindest im Bezug auf Schminke) ja seit dem Bestehen meines Blogs auf die Fahne geschrieben habe und wirklich bei jeden Kauf mit mir hadere. Bei anderen kommen trotz Aufrufen zur Minimierung Großeinkäufe durch die ich das echt nicht ernst nehmen kann. Ehrlich gesagt finde ich sogar Produktsamples in der Hinsicht fragwürdig. Ich weiß nicht wie du das siehst, aber sollte man dann nicht auch Firmen in Kenntnis setzen, dass man das ganze Zeug nicht mehr will? oder sich eben nur noch in Kontakt setzt, wenn man ein Produkt wirklich vorstellen und besitzen möchte? Denn diese Vorstellungen regen wirklich stark zum kaufen an, auch wenn man sie selbst nicht behält und wenn ich das Minimalismus Konzept durch und durch leben will, dass sollte man seine Leser ja nicht zum hoten verführen.

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    1. Ein toller Kommentar. Dir geht es da anscheinend sehr ähnlich wie mir mit den alten und neuen Dingen.
      Die Idee, Firmen zu schreiben, dass man gar keine Proben von Nagellack LEs braucht, weil man den eh nicht trägt, klingt sehr sinnvoll und auch ökonomisch. Trotzdem wird es sich nicht durchsetzen. Die Firmen wollen alle ihre neuen Produkte dem Publikum des Blogs vorgeführt sehen ganz egal ob der Blogger nun mit dem ganzen Zeug etwas anfangen kann oder nicht. Und auch die Endkunden sollen bloß nicht zu Minimalisten werden - da würde man ja nix mehr verkaufen! Das muss schon vom Verbraucher ausgehen, dass er den Kram einfach im Geschäft lässt.

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