Freitag, 8. November 2013

Ich werde noch nicht senil, ich werde erst mal skeptisch

Je älter man wird, desto schwieriger wird es, neue Freundschaften zu schließen. Zumindest habe ich das Gefühl, dass es so ist.
Das Problem ist vielleicht nicht einmal, dass alle Menschen mit zunehmenden Alter bösartiger werden, sondern, dass man selbst sehr viel skeptischer wird. Man hat schon einige Erfahrungen mit Freundschaften gesammelt - sowohl gute als auch schlechte. Das macht einen vorsichtiger. 
Es beginnt ein Vergleichen potentieller Freunde mit denen, die man hat. Ähnelt derjenige meinen? Könnte man sich gut verstehen oder wird es bloß eine kurzzeitige Zweckgemeinschaft?

Besonders die letzte Frage stellt sich mir gerade. Mit einer Kommilitonin hatte ich Gespräche, die tiefer gehen als die Frage, wie denn das Seminar war und wer den Dozenten jetzt nach der Datei mit seiner Version der Vorlesungsfolien fragt. Ich fühlte mich ziemlich auf einer Wellenlänge mit ihr, obwohl ich das nicht erwartet hätte angesichts ihrer relativen Popularität innerhalb unseres Semesters. 

Über 900 Facebookfreunde und wird von gefühlt jedem fünften, der einem auf dem Campus entgegen kommt gegrüßt und umarmt - warum sollte so eine Person Interesse an mir unauffälligem Langweiler haben? Durch eine Freundschaft würde sie zumindest keinen speziellen Nutzen erzielen.
Schon komisch, dass ich mir darüber so viele Gedanken mache. Früher war das nie so. War ich naiver oder bin ich einfach nur verkopfter geworden? Immer über alles nachdenken müssen, skeptisch sein und schwer die Dinge einfach so hinnehmen können, wie sie sind. Wahrscheinlich mache ich mir das Leben schwerer als es sein müsste.

Aber käme es euch nicht seltsam vor, wenn so ein total beliebter aber trotzdem erschreckend sympathischer (damit rechnet man doch nicht, wenn diejenigen zu den "coolen" Typen gehören, oder?) Mensch sich plötzlich lang und überhaupt nicht oberflächlich mit euch unterhält?
Ich dachte, wenn man so beliebt ist, hat man für jeden seiner knapp 1000 Freunde nur wenige Minuten Zeit. Da bin ich jetzt ziemlich positiv überrascht worden. Ja, natürlich sind das Vorurteile zu glauben, dass extrem beliebte Personen hauptsächlich oberflächliche Freundschaften haben und sich auch nicht tiefgehend mit eher uncoolen Personen wie mir beschäftigen würden. Überhaupt - es macht einen doch skeptisch, wenn quasi jeder eine bestimmte Person mag. Das kann doch nicht mit rechten Dingen ablaufen. Dann ist diese populäre Person aber wenigstens absolut farblos und oberflächlich, lächelt über alles und tut so, als würde ihm jeder total am Herzen liegen. Anders kann es doch nicht funktionieren!

So ist es aber zumindest in dem Fall, den ich jetzt näher kennen gelernt habe, nicht. Auch sie mag nicht jeden - man sieht es nur von außen nicht sofort. Ist dann doch alles nur Fassade, dass sie freundlich und hilfsbereit gegenüber allen ist? Irgendwie nicht. Ich bin selbst erstaunt, aber es ist der erste Fall, in dem es mir nicht schrecklich aufgesetzt vorkommt.

Also - vielleicht sind die Gespräche mit ihr nicht nur auf geheucheltem Interesse gewachsen? Ich beobachte das ganze definitiv weiter.

Vielleicht sollte ich mal zusehen, dass ich meine Skepsis ein wenig zurück schraube. Aber Menschen, die sich mit allen verstehen…das geht doch nicht. Oder?

Apfelkern

1 Kommentar:

  1. Ich glaube was das Freundschaften schließen so einfach macht, wenn man jung (ein Kind) ist, ist dass man keine Hemmungen hat was den Gegenüber angeht. Meinungen und Ansichten - die Dinge die mich als Menschen und andere als meine Mitmenschen ausmachen - sind in jungen Jahren bei keinem großartig ausgebildet oder fest gefahren.
    Manchmal merke ich in ersten Gesprächen recht schnell, dass ich einen sturrsinnigen Gegenüber habe oder einen, der einfach keine (oder eher meinen) Humor hat. Schritt für Schritt wird die Person unsympathisch. Unkompatibel für Freizeitgestaltung.
    Oder es ist umgekehrt und ich merke, dass mich mein Gegenüber ablehnt, weil ich Sachen nicht sehe wie er oder sie. Als Kind gibts sowas nicht. Da macht man sich keine Gedanken ob das Mädel auf der Schaukel eine militante Feministin ist oder der Junge mit den Matchbox (spielen Kinder damit überhaupt noch?) ein überzeugter Ausländerfeind ist.
    Die Angst oder Befürchtung in Konflikte zu geraten ist einfach nicht vorhanden.

    Und ich glaube es wäre gar nicht gut sich mit allen gut zuverstehen. Allein der Gedanke ist für mich absurd. Ich selbst will gar nicht, dass mich alle mögen und schieße da schon quer.

    AntwortenLöschen