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Montag, 4. Februar 2013

Das Leben mit Smartphone

Inzwischen gehören Smartphones zum alltäglichen Bild in unserer Umgebung. Nahezu jeder in einer gewissen Altersgruppe mit ein wenig technischem Interesse oder dem Wunsch, überall Internet zu haben, besitzt inzwischen eins. Und seid inzwischen fast vier Monaten plage auch ich mich nicht mehr mit einem Nokia Klumpen herum, sondern erfreue ich mich am Dasein mit Smartphone.

Dass ich noch einmal sagen würde, ein Handy könnte mich erfreuen, wundert mich selbst. Anfänglich konnte ich Handys wenig abgewinnen. Warum sollte ich überall erreichbar sein wollen? Und dann kamen noch der Gedanke an die Kosten dazu, das abschreckende Bild der Jugendlichen, die unerträglich laut grausame Musik mit ihren Handys an der Bushaltestelle abspielten…nein, ich wollte kein Handy.
Als alle Welt damals - es muss so ums 2005 herum gewesen sein - bereits mobil telefonisch erreichbar war, rümpfte ich die Nase und vermisste die Teile nicht im geringsten.

So wäre es wahrscheinlich weitergegangen, wenn meine Eltern mir nicht einfach ein Handy zu Weihnachten geschenkt hätten. Ich war 17 und mein erstes eigenes Handy ein komischer Nokia Klumpen.
Maximal während mehrtägigen Ausflügen oder Besuchen bei Freundinnen durfte das Teil aus der Schublade heraus und mich begleiten. Was sollte ich auch damit? Das beste daran war, dass man darauf Snake spielen konnte. Das tat ich allerdings mit Passion.

Die Zeit schritt voran, Smartphones kamen auf. In der Zeit war auch meine Affinität zum Internet gewachsen (aka entstanden) und ich war von der Idee, unterwegs ins Netz zu können, schon sehr angetan, als die ersten mit iPhones auftauchten und sich darauf etwas einbildeten. Vielleicht ist das aber auch nur meine Wahrnehmung - denn offen gesagt war ich schon ein wenig neidisch auf diese Geräte.

Irgendwann gab es dann nicht nur iPhones sondern eine große Auswahl an Smartphones. Ich sah mir die Werbungen genauer an, war beeindruckt von den ganzen sich bietenden Möglichkeiten und dabei genauso erschlagen von der Ahnungslosigkeit, welches Modell denn nun für mich geeignet wäre. Also blieb ich weiterhin Nutzer beziehungsweise Zwischenlagerer eines Nokia Klumpens.

In meinem Umfeld vermehrten sich die klugen Telefone. Es wurde im Klassenzimmer mal schnell was bei Amazon bestellt, die Lösung gegoogelt, die Fahrzeiten der Bahn nachgesehen oder Bilder gemacht. Der Wunsch nach einem solchen Gerät wuchs. Die Ahnungslosigkeit, welches Gerät es denn sein sollte auch. Vielleicht ein iPhone - da muss man sich nicht groß entscheiden; da gibt es nur eins von und fertig. Allerdings sah ich es nicht im geringsten ein, für ein Telefon 800 Tacken auszugeben. Also nix Smartphone.
Links Nexus S, rechts mein zweites Smartphone das Nexus 4

Dann kam der Tag, an dem man mir ein gebrauchtes Gerät gab, das von seinem Besitzer durch ein neueres ersetzt worden war. Und von da an wohnte auch in meiner Tasche ein Smartphone.

Es ist seitdem ein fester Teil meines Lebens geworden und ja, ich bin so ein Opfer, das ohne sein Gerät voller Internet das Haus nicht verlässt.


Mobil Mails empfangen und versenden, schnell mal googlen, wie denn Hämoglobin aufgebaut ist, unterwegs Twitter lesen und Tweets schreiben, QR Codes scannen können statt sie nur immer feindselig anzustarren, weil der Nokia Klumpen nichts damit anfangen kann, Munzees sammeln, bei Ingress Portale jagen... man kann verdammt viel mit so einem Smartphone anfangen. Keine Ahnung, wann die nächste Bahn fährt? Es gibt die entsprechende App dafür. Ist der Partner mehrere Stunden auf der Autobahn unterwegs kann man Dank GPS gelegentlich nachsehen, ob der Punkt sich noch bewegt und damit alles gut ist. Wenn mein nichtexistenter Orientierungssinn mich wieder ahnungslos irgendwo stehen lässt führt mich eben Google Maps zum Ziel. Statt eines Taschenkalenders nutze ich den Google Kalender, statt eines Adressbuches wird das ganze auf dem Handy notiert.
Ich liebe es absolut, mit dem Handy unterwegs so viel machen zu können. Von unterwegs schnell noch ein ICE Ticket kaufen über Fotos aufnehmen bis hin zum Aufstellen eines mobilen Hotspots für den Laptop kann man damit eben so gegen unendlich viele Möglichkeiten nutzen.
So ein Gerät ist einfach extrem vielseitig - wenn man es denn will.

Das Fazit so weit: ich bin Smartphones gegenüber sehr positiv eingestellt.
Und doch gibt es Momente, in denen ich nicht wirklich weiß, ob sie rein positiv sind.
Man steigt in die Bahn, setzt sich und sieht sich um - überall sitzen Leute mit auf den Bildschirm ihres Smartphones gebanntem Blick. Ob sie nun spielen, chatten, Mails beantworten oder Blogposts lesen - egal. Das, was mich daran stört ist dieses Gefühl, dass sie alle bloß körperlich anwesend sind und ansonsten komplett in ihre Geräte versunken.
Wahrscheinlich könnten sie nach einer Fahrt in der sie 25 Minuten neben einer Person saßen oft nicht einmal sagen, ob es ein Mann oder eine Frau war. Es ist die absolute Anonymität - niemand beachtet den anderen solange er keinen Schatten auf das Display wirft. Der Begriff Smartphonezombieapokalypse passt perfekt auf solche Momente.

Und obwohl ich solche Situationen als relativ unangenehm empfinde, zücke ich selbst oft mein Handy. Widersprüchlich; ich weiß.

Es gibt auch noch Personen ohne Smartphone - es werden allerdings weniger. Weil es einfach praktischer ist, ein solches Gerät zu besitzen. Und weil es immer unpraktischer wird, keines zu haben. QR Codes, die ohne Smartphone nicht gescannt werden können, mobile Ticket Dienste, Kommunikation via Chat oder sogar Video-Chat - von all dem und noch viel mehr wird man ausgeschlossen, wenn man noch ein solides Klumpen-Telefon hat. So ein Offline Telefon eben.
Das Smartphone ist zu einem gewissen Diskriminierungsfaktor geworden.

Insgesamt sehe ich die Entwicklung in Richtung Smartphones für alle positiv und doch ist da so ein Beigeschmack. Es kommt sehr auf die individuelle Nutzung an. Ich erschrecke mich geradezu, wenn ich angerufen werde. Ich habe ein Smartphone - und bin jedes Mal überrascht, dass man damit auch telefonieren kann.
Eine Entwicklung, die die Technik schon einige Zeit ermöglicht aber die mir jetzt besonders stark auffällt ist, dass wir lieber mit denjenigen kommunizieren, die nicht da sind als denjenigen, die neben und sitzen. Weil nicht immer unsere Lieben neben uns sitzen. Und weil wir es Smartphone sei Dank können.


Apfelkern

8 Kommentare:

  1. Habe dem nicht mehr hinzuzufügen. Außer: mal wieder ein wunderbarer Text. Ich mag deine Gedanken.

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    1. Danke für das Lob! Hört man doch immer wieder gerne…;)

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  2. Man kann dich dadurch sehr leicht stalken. Wenn man nichts ausschaltet,kann man immer verfolgen,wo du dein Instagrambild geschossen hast. Hast du vergessen das auszuschalten?
    Ich bin immernnoch Privatsphären paranoid..

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    1. Meine anfängliche Privatsphärenparanoia lässt langsam nach. GPS Tracking ist bei mir auf dem Handy aktiviert und das bewusst. Gibt Statistiken und weniger Sorgen bei meinem Freund, ob ich denn noch lebe.
      Ich war inzwischen bei einem Podcastertreffen, habe einige Blogger live getroffen und werde bald bei einem Barcamp anwesend sein. Wenn man die Leute live trifft, ist es relativ vergeblich, anonym bleiben zu wollen. Und sich Apfelkern nennen zu lassen ist ähnlich seltsam.

      Ich vermute, ich werde das mit der Anonymität in absehbarer Zeit zu gewissen Teilen aufgegeben haben. Aber Facebook bekommt meine Seele nicht!

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  3. Ich habe auch wegen dem von dir angebrachten Negativpunkt immernoch eine "ich bin dagegen" Einstellung. Dadurch, dass ich zwar ein Smartphone habe (Samsung - was sonst?), aber keine Internetflat, bin ich noch recht weit entfernt diese Art des Zombietums zu verstehen. Klar kann man praktischerweise nachschaun, wann die Bahn kommt, aber ich komme auch nicht um wenn ich das nicht weiß... in dre Zeit kann ich mich auch von Angesicht zu Angesicht mit einem wartenden Freund oder Fremden unterhalten.

    Das erinnert mich immer an die eine Szene aus der ersten Folge von Suburgatory, in der einfach alle Menschen gebannt und hirnlos auf ihre Smartphones und Tablets starren und eine fleischgewordene Barbie ahnungslos in den Pool stökelt und selbst dann nicht einmal erschrickt. Sieht überspitzt aus - ist es nicht. Ich habe nämlich schon von einigen gehört, dass sie vor lauter Smartphone-Glotzerei direkt in Laternen und Stromkästen gelaufen sind.

    Ich kann dem einfach nichts abgewinnen. Dafür bin ich ständig viel zu gekränkt, wenn ich mich mal wieder mit jemandem treffe und der oder die jenige, ständig dem Ruf von Whats app (oh wie ich ihn hasse, diesen Ton) folgen muss.

    Ganz ehrlich. Dann können wir das bald lassen und bleiben alle zu hause und chatten von dort mit Freunden. Da hat man zumindest nicht das Gefühl die 2te Geige zu spielen, weil der mit dem WIR chatten auch nur Nebensache ist.



    Rant Ende - tut echt gut sich das von der Seele zu tippen.

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    1. Hallo du Ranterin ;)
      Dass du ein Smartphone besitzt aber keine Internetflat dazu hast, schockiert mich noch immer. Wie kannst du das deinem Handy nur antun?! Es soll doch ein Smartphone sein und kein Dummphone. Und ein Computer für unterwegs und überhautp…wie kannst du nur *kopfschüttel*

      Es ist in der Tat grässlich, wenn man versucht mit jemandem zu kommunizieren und der nur Whatsapp bearbeitet. Spricht mich jemand an, während ich gerade mit jemandem chatte (allerdings niemals nicht via Whatsapp!), unterbreche ich diesen Chat auch nicht sofort, denn das wäre dem Gesprächspartner gegenüber auch verdammt unhöflich. Da man nicht zwei Gespräche gleichzeitig führen kann, muss man in solchen Momenten wohl einem der Gesprächspartner sagen, dass es gerade nicht geht.

      Wie klingt eigentlich dieser ominöse Whatsapp-Ton? Ist es so ein Pfeifen? Zumindest macht es bei meiner Schwester dieses Geräusch aber da ich es nur von ihr kenne, bin ich mir nicht sicher, ob es ein alllgemeiner Hinweiston ist.

      Danke für deinen Rant und liebe Grüße,

      Apfelkern

      *Hypnose an* "Gib deinem Handy eine Internetflat!" *Hypnose aus*

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  4. Daß Smartphones einen Nutzen haben können, finde ich auch und liebäugle immer mal mit dem Erwerb, rudere dann aufgrund des Preises sofort wieder zurück. Mir, der inzwischen auch mal knapp 2 Wochen ohne Internet lebt und feststellt, danach kaum noch den Drang zu haben, irgendwas von dem zu verfolgen, was ich sonst täglich angesteuert habe, ist es den Preis nicht wert. Den Preis, der gegenüber geschätzten 6 Euro Herstellungskosten für ein iPhone 5 (lt. Reportage, glaube ARD wars) deutlich höher ausfällt.
    Von Zombies will ich in meinem Umfeld gar nicht sprechen, jedoch fällt deutlich auf, daß die Aufmerksamkeit von wirklich intelligenten Menschen unter die Möglichkeiten meines schwerhörigen, auf die 90 zuschreitenden Großvaters sinkt.
    Soll man sich willkommen fühlen, wenn man jemanden besucht und der dann stetig nebenher auf seinem iPhone dödelt? Schlimmer noch, man sitzt in einer Gruppe bei jemandem Zuhause und der einzige Smartphone Besitzer (ich umgebe mich wohl eher mit einem anderen Menschenschlag) schafft es innerhalb von anderthalb Stunden nicht, die Öffnungszeiten eines Restaurants zu googeln, weil er durch sein Whatsapp (bestimmt falsch geschrieben) ständig aus dem Konzept gebracht wird und sich dann wieder in Reallife Gesprächsfäden verstrickt. Ergebnis: Am Ende wäre der Laden nach unserer Anfahrt geschlossen gewesen.
    Das kommt dann dabei raus, wenn das Telefon smarter als sein Benutzer wird.

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    1. Du sagst, du lebst zwei Wochen ohne Internet? ES GIBT LEBEN, DAS NICHT VOM INTERNET ABHÄNGIG IST?! Ach was, erzähl mir nichts.

      Der Geiz ist auch ein Faktor, der mich lange davon abhielt, mir ein Smartphone zuzulegen. Allerdings ist mein Fazit, dass es sich lohnt. Bewusste Nutzung ist dabei wichtig. Also nicht in der Timeline umher treiben und in Chats verloren gehen, sondern gezielt das damit tun, was man denn tun will. Ansonsten ergeht es einem so wie dem Smartphone Besitzer in deinem Bekanntenkreis. Das ist ein sehr schönes Beispiel dafür, dass das Smartphone auch nur so klug wie sein Besitzer ist.

      Liebe Grüße,

      Apfelkern

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