Mittwoch, 28. März 2012

Bauarbeiter trifft Feinstrumpfhose

Die letzten Schultage sind eher erfüllt von Albereien und Spaß als von ernsthaftem Unterricht. Entsprechend des Tagesmottos gekleidet kommen die Schüler mal als Penner oder auch als Rentner und verwirren damit die jüngeren Schüler und amüsieren sich über ihre lustige Kleidung.
Auch wenn ich nicht unbedingt ein Freund des klassischen Karnevals bin, genieße ich diese Möglichkeit für alberne Verkleidungen sehr und komme zum Thema Geschlechtertausch auch gern im Blaumann mit Bauhelm. Ich habe kein Problem damit, mich in diesem Zusammenhang auch einmal einmal zum Obst zu machen, denn ich bin ja nicht allein in meiner ulkigen Kleidung. Ist man aber nicht mehr sicher im Pulk der anderen Verkleideten, taucht das Gefühl des Unbehagens auf.

Jeden Morgen durfte ich mir seit Beginn der Mottowoche das Lachen der Bauarbeiter und anderer Passanten auf dem Schulweg anhören. Na ja, es sieht schon ein wenig komisch aus, wenn jemand in zerschlissener leuchtend violetter Jogginghose und am nächsten Tag mit Blaumann und Helm im Fahrradkorb an ihnen vorbeirauscht. Zumindest kann ich ihre Belustigung nachvollziehen; mir ginge es ja nicht anders.

Das heutige Thema war "Beach and Bed" (yeah, wir sind so damn modern 'cuz we know English, bro!), wobei ich mich für die variante "Bed" entschied. Schließlich ist es einfacher, einfach direkt aus dem Bett zu fallen und loszufahren als sich irgendwelches Strandzeug zusammensuchen zu müssen.
Meine Schlafanzüge erschienen mir aber recht langweilig, da sie teilweise fast wie normale Oberteile beziehungsweise Hosen aussahen und entschlossen, etwas weniger langweiliges zu tragen, wählte ich ein knielanges fliederfarbenes flattriges Satinnachthemd. Oh ja.
Das allein reichte bei den aktuellen Temperaturen nicht, weshalb ich noch eine Feinstrumphose, eine kurze Schlafanzughose, die unter dem Nachthemd fast völlig verdeckt war und zu tiefe Einblicke verhinderte sowie ein einfaches Shirt darunter anzog. Ein paar selbstgestrickte Wollsocken und Hauspantoffeln, ein Kissen und ein Kuscheltier dazu, fertig.
Um den Bauarbeitern nicht wieder die tägliche Lachnummer bieten zu müssen, zog ich für den Weg einfach einen Rock und Stiefel an und versteckte das Nachthemd unter dem Mantel. So sah man nichts von der Verkleidung.

Als ich schließlich die Baustelle passierte, erntete ich kein Lachen. Nein, man pfiff mir nach.
Ungehobelte Bauarbeiter, sobald sie einen Rock sehen drehen sie durch. Na ja, passiert.
Wenig später überholte ich einen Rentner, der langsam vor sich hinzuckelnd Fiffi ausführte. Und was tat er? Richtig, er pfiff mir durch die Dritten hitnerher. Als dann auch noch an einer Bushaltestelle  ein Mann mittleren Alters mir auffällig hinterherstarrte und tatsächlich einen Pfiff abließ, hatte ich die Nase gestrichen voll.

Nur weil ich einen Rock trage, bin ich doch nicht von jetzt auf sofort zu einem dummen Stück willigen Fleisches geworden. Es kann ja sein, dass die Herren in diesem Jahr noch keine Frau mit Rock beobachten konnten und sich daher über meinen Anblick freuten, doch hinterherpfeifen müssen sie mir deshalb noch lange nicht. Dieses offensichtliche Zeigen der Begierde degradiert meiner Meinung nach die Frauen. Komplimente sind etwas wunderbares und ich freue mich natürlich, wenn mir jemand ein solches macht, doch es kommt sehr auf die Art des Komplimentes und denjenigen, der es verteilt an. Ein reines Hinterherpfeifen sagt nur, dass derjenige mir jetzt gern in den Hintern kneifen oder an die Brust fassen wollte. Sehr primitiv und oberflächlich. Degradierend.
Lüsterne Bauarbeiter und sabbernde Rentner gehören nicht unbedingt zu meiner Zielgruppe, doch natürlich fragte ich mich, was die Reaktionen auslöste. Den Rock habe ich schon so oft getragen und nie gab es derartige Rückmeldungen. Allerdings sollte erwähnt werden, dass ich mich bisher stets für eine blickdichte dunkle Strumpfhose entschieden habe, sodass dieses Mal ein Drittel des Unterschenkels und das Knie zu sehen waren. Wie aufregend.
Da kenne ich persönlich noch viel kürzere Röcke.

Wuhuhuuu: Beine!
Reicht denn ein wenig allein von einer Feinstrumpfhose bedeckte Haut, um Männer in hirnlose hinterherpfeifende Zombies mit Speichelfaden zu verwandeln?

Vielleicht kann ich ja dann noch ein paar männliche Leser gewinnen - nach meinem Wissen habe ich erst vier - und damit den aktuell verlorenen Leser ausgleichen.
Irgendwozu muss diese scheinbar instinktive Reaktion auf sichtbare Haut ja auch gut sein.

Selbst attraktiven Männern würde ich nicht hinterherpfeifen oder  etwas derartiges rufen wollen, da ich es auch für mich als bloßstellend empfände und ich so vermutete, dass es ihm nicht anders ginge. Vielleicht ist derjenige ja auch bereits vergeben und das recht rüde Kompliment damit eh sinnlos und unpassend.
Jemanden wegen seines Aussehens in ein Gespräch zu verwickeln und dann ein ehrliches und möglichst nicht zu primitives Kompliment zu machen (geiler Arsch, Süße!) ist meiner Ansicht nach völlig legitim, vor allem, da man es dann auch nicht quer über die Straße brüllt.

Und jetzt sagt mir nicht, es läge allein an der Kleidung, die den Mann quasi zwingt, so zu reagieren. Das erinnert mich sehr an die Argumentation, Frauen hätten selbst Schuld an dem unverständlichen und zu verurteilenden Verbrechen der Vergewaltigung, wenn sie nicht in Sack und Asche gekleidet aus dem Haus gingen.

Ich versuche die Rufe als Kompliment zu nehmen und nicht als Ansage, dass man(n) mich als bloßes Stück Fleisch betrachtet. Trotzdem werde ich vorerst wieder zu blickdichten Strumphosen übergehen. Nein, vorsichtshalber erst einmal nur Hosen.

Apfelkern

11 Kommentare:

  1. Ach, also mir ist so was auch schon passiert und ich muss dann mittlerweile eher schmunzeln, als dass ich mich groß darüber ärgere...Das hängt vielleicht aber auch mit dem Alter zusammen- vielleicht sieht man im Alter einiges gelassener und weiß, wann es sich lohnt aufzuregen und wann nicht...Gestern, die unfreundliche Kassiererin im Rossmann, ja DIE war tatsächlich ein leichtes Grummeln und einen verbalen Schlagabtausch wert ;)

    Liebe Grüße....

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    1. Danke schön, so gefallen mir die Komplimente doch!

      ... aber nicht pfeifen, ja? ;)

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  3. Meine Rede, ganz meine Rede! werde immer nur blöd angeschaut, wenn ich so argumentiere :)

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  4. Vielleicht solltest Du die ganze Sache etwas entspannter angehen. Die Pfiffe sind auf jeden Fall ein Kompliment für Dich, auch wenn Dir die Art vielleicht nicht gefällt. Und ja, vielleicht gefiel den Männern Dein Hintern. Oder Deine Brust. Vielleicht gefiel ihnen auch was ganz anderes. Ohne Hintergedanken.
    Soll es geben!
    Und wie hättest Du reagiert, wenn die Bauarbeiter "schicke Beine" gesagt hätten? Hättest Du Dich auch degradiert gefühlt oder Dich bedankt, wie bei der ahnungslos Wissenden?
    Und ganz ehrlich, wenn Du mit einer Freundin einen Typen siehst, der euch gefällt (rein optisch, vom Auftreten her), denkt oder sagt ihr dann nicht auch mal "wow"? Vielleicht eher leise, so dass er auf keinen Fall etwas mitbekommt? Und damit wollt ihr ihn doch sicherlich nicht degradieren. Wenn Dir jemand also ein Kompliment macht für Deinen Körper heisst das nicht, dass ihn der Rest nicht interessiert!

    Auch Pfeifen kann ein Kompliment sein. Einfach drüber freuen und danke sagen.
    Übrigens sollte man Komplimente nicht nur als Mittel zum Zweck nutzen. Auch ein bereits vergebener Mensch freut sich darüber.

    Ich finde sowieso, dass man nie genug (ernst gemeinte) Komplimente verteilen kann. Und nicht nur an einen potentiellen Partner.

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    1. Komplimente sind etwas wunderbares und eine wahre Streicheleinheit fürs Selbstbewusstsein.
      Spricht man mich an und lobt mich ganz unerwartet ohne dass ich mein Gegenüber näher kenne, macht mich das um ehrlich zu sein misstrauisch. Warum sollte jemand wildfremdes mich plötzlich ansprechen, nur um mir ein Kompliment zu machen? Ja, da wäre der Aspekt der Kommunikation, man möchte neue Bekanntschaften schließen und den als attraktiv befundenen Menschen kennenlernen. Aber warum muss der Kontakt durch ein Pfeifen hergestellt werden? Mir fiele es schwer, den nach mir pfeifenden ernst zu nehmen. Können sie sich nicht anders ausdrücken?

      Die Bauarbeiter hatten gar keine Chance, mit mir in ein Gespräch zu kommen, da ich ja an ihnen vorbeifuhr. Sie hatten also keine andere Möglichkeit als das Pfeifen, mir ihr Kompliment zu vermitteln.
      Ich kann deinen Grundgedanken völlig nachvollziehen, doch bleibe ich dabei, dass ich es als unangenehm empfinde, wenn mir jemand hinterherpfeift, da ich es als eine Form der Respektlosigkeit ansehe. Es heißt schließlich nicht völlig grundlos, dass man nach Hunden aber nicht nach Personen pfeift.

      Morgens allein auf dem Rad neben vier Bauarbeitern kann man sich als Frau auch leicht bedroht fühlen, wenn sie plötzlich den Kopf aus der Grube heben und einen anstarren und sogar hinterherpfeifen. Dieses kurze Unwohlsein war völlig unbegründet und doch war es da.

      Wahrscheinlich sollte ich künftig nicht nur den Bauarbeitern eine Freude mit Röcken machen, sondern ihre Reaktion nicht zu ernst nehmen und einfach als Kompliment nehmen. Anscheinend muss ich erst noch einige Erfahrungen sammeln.

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    2. Genau, nimm das alles einfach nicht so ernst. Wenn Du mutiger bist erwidere etwas. Nettes. Ein völlig überspitztes Kompliment in Richtung der Bauarbeiter vielleicht. Du kannst Dir sicher sein, das nächste Mal überlegen sie sich das pfeifen nochmal!

      Ich kann allerdings verstehen, dass man sich auch bedroht fühlen kann wenn man alleine ist. Dann ist ein lockerer Spruch schwierig. Und vielleicht fehl am Platz.

      Ich wünsche Dir für die Zukunft Komplimente, die Dir Gefallen!

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    3. Du könntest das nächste Mal den Bauarbeitern hinterherpfeifen ^^

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  5. Mir hat vor 10 Jahren das letzte Mal jmd hinterhergepfiffen (und das ist im Alter von inzwischen 23 Jahren doch etwas deprimierend) ^^
    Aber das Ganze hat theoretisch 2 positive Aspekte: Entweder du nimmst es als Kompliment und denkst dir: Tja, ich bin heiß aber niemals für euch..
    Oder du ignorierst es und freust dich darüber, dass du derartige Formen der Bestätigung nicht nötig hast ;)
    Was auch immer von beidem: Du hättest auf dem Rückweg im improvisierten Schlafgewand nachhause Radeln sollen, um dann doch etwas für Verwirrung zu sorgen ^^

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  6. Ohja haha. Ich hab auch einen speziellen (zugegebenermaßen) kurzen Rock, der mir schon einige Blicke verschafft hat..dabei ist der nicht mal sexy, eher punkig/rockig. Aber egal. Wahrscheinlich reicht es einfach, dass er kurz ist.

    Generell sind hinterherpfeifen, anhupen und lüstern angucken sehr unangenehme Formen von Interesse zeigen.
    Aber was macht man, wenn man ab und zu Sachen trägt, die etwas aufreizend zu sein scheinen ? (LUXUSPROBLEM!)

    __
    IHR hattet ja mal tolle Mottos. Bisher hab ich immer wieder das gleiche gehört: Geschlechtertausch, Zwilling, Assi/Proll,Kindheitshelden

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  7. Wow, du hast echt heiße Knie.
    Ehrlich gesagt, verstehe ich das hinterherpfeifen überhaupt nicht. Klar sehe ich mir attraktive Frauen an, wenn sie mir begegnen, aber mir ist noch nie der Gedanke gekommen, sie darauf hinzuweisen. Es ist mir eher unangenehm, wenn ich mich dabei erwische, wie ich einer Joggerin auf den Hintern starre.
    Mir würde nicht einfallen, eine fremde Frau darauf aufmerksam zu machen, dass mir ihr kurzer Rock (oder eben das, was er nicht mehr verdeckt), oder ihr tiefer Ausschnitt gefällt. Wahrscheinlich hat sie meine Blicke eh schon bemerkt. Schon gar nicht durch ein Pfeifen. Das wäre mir nur unsagbar peinlich.

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