Samstag, 21. Dezember 2019

Don't worry, don't hurry

Weihnachten soll ganz offiziell eine besinnliche Zeit sein. Zumindest für mich endet es aber jedes Jahr aufs neue damit, dass ich ganz schnell noch gefühlt tausend Dinge von der To-Do-Liste abarbeiten muss, bevor es offiziell besinnlich werden kann. So war das eigentlich nicht gedacht, oder?

Einer der Punkte auf der Liste war es, beim Asia Laden noch den frischen Tofu zu kaufen. Dieses Jahr gibt es für mich zum zweiten mal Weihnachtsessen ohne Fleisch und für das Rezept des Seitan Rollbratens  und da Tofu rein soll, musste der Vorrat des Lieblingstofus noch aufgestockt werden.
Rad anschließen, Körbchen neben dem Eingang schnappen und dann zielstrebig (als guter Kunde kennt man den Laden so langsam) alles einsammeln.

Es ist ein koreanischer Asia Laden mit unfassbar netten Inhabern. Ihr Deutsch ist für mich schwer verständlich gewesen, doch nachdem beide Seiten entdeckt haben, dass Verständigung auf Englisch ganz prima funktioniert, habe ich schon Rezeptempfehlungen bekommen, mich nach der besten Sojasauce durchgefragt und am Ende Sushi geschenkt bekommen. So freundlich und hilfsbereit wurde ich in anderen Supermärkten noch nie bedient.

Auf meiner Zielgeraden an der Kasse grüße ich also dementsprechend herzlich den Inhaber, staple dann ohne ihn länger anzusehen meine Waren auf. Er scannt alles in Ruhe ein und nennt den Preis. 6.59€ sagt die Anzeige an der Kasse.
Auf den ersten Blick befindet sich im Kleingeldfach nur Kupfergeld und wenige goldene Centstücke. Oh je. Ich entschuldige mich schon, dass ich jetzt mit großem Schein bezahlen werde, weil ich zu lange nach dem passenden Kleingeld suchen müsste. Er lächelt mich an: "Don't worry, don't hurry!".
In Korea würde sich an der Kasse niemand stressen und er erzählt, wie fasziniert er immer die Getriebenheit und das hastige Zusammenraffen der Einkäufe bei den Deutschen beobachtet. Für ihn ist es scheinbar absurd, sich unnötig Stress zu machen.

In dem Moment wird mir bewusst, dass ich der einzige Kunde im Laden bin. Dass die Getriebenheit nicht durch tatsächlichen Druck von außen entsteht, sondern von mir ausgeht.
Also stecke ich den Schein wieder ein, sortiere mich durch das Kleingeldfach und sammle zwischen Münzen, meiner Notfalltablette Ibuprofen und dem Knopf der Arbeitshose den passenden Betrag heraus.

Ab und zu muss jemand den Stoppknopf für das Hamsterrad des Alltags drücken, damit man kurz über seine eigenen Füße stolpert und realisiert, wie unsinnig es ist, im Kreis zu rennen. Da man schon so gut drin ist und das Rad sich dreht, läuft man sonst weiter ohne nachzudenken.
Damit also ganz offiziell auch für alle, denen es sonst keiner sagt: halt stopp! Sonst wird das nie was mit der Ruhe und der Besinnlichkeit - ganz egal ob nun an Weihnachten oder allen anderen Tagen.

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