Samstag, 18. März 2017

Fromage, fromage!: Reiseeindrücke aus Paris

Es sind Semesterferien und damit ist Zeit für eine Reise. Oft lasse ich mich ja von den aktuellen Flugpreisen inspirieren, was das nächste Reiseziel angeht, doch dieses mal war ich mir schon vorher sicher: ich wollte meine Angst überwinden und nach Paris reisen.

Nun fragt sich: weshalb denn Angst, nach Frankreich zu fahren?! Immerhin ist es ja weder weit weg noch sonderlich exotisch.
Ganz einfach lässt sich diese Frage beantworten. Natürlich ist Frankreich ein zivilisiertes Nachbarland, doch in der Schule habe ich nie Französischunterricht gehabt und da es immer heißt, die Franzosen würden alles andere außer ihrer eigenen Sprache verachten und meiden, habe ich Frankreich als Reiseziel einfach mal von meiner mentalen Liste gestrichen. Hilft ja nix, wenn es hübsch da ist aber die Einheimischen die Kommunikation mit mir verweigern.
Irgendwann habe ich aber erfahren, dass in Paris die staatlichen Museen für unter 25 jährige EU Bürger kostenlos zu besuchen sind und da mich die Hauptstadt des Nachbarlands mit der merkwürdigen Nasalsprache dann doch schon interessierte, habe ich beschlossen, vor meinem 25. Geburtstag dort hin zu reisen. Und genau das habe ich kürzlich umgesetzt.

In diesem Artikel möchte ich euch ein paar meiner Eindrücke aus Paris zeigen und gleichzeitig einige Besuchempfehlungen aussprechen.
Angereist sind wir mit dem Flugzeug und ich kann nur immer wieder betonen, wie genial es ist, mit Handgepäck zu reisen. Keine Extrakosten zum Einchecken, man macht sich bewusst, was man wirklich braucht und einpacken will und noch dazu kann man ganz bequem alles immer dabei haben. So kann man sich auch direkt den Rucksack über werfen und vom Flughafen aus sofort das Abenteuer in der Stadt beginnen.

Just walk
Wie immer gilt für das Besuchen von Städten, dass man zu Fuß durch die Straßen laufend die Atmosphäre am besten mitbekommt. Noch dazu kann man ganz spontan anhalten, in Geschäfte rein schnuppern oder auf andere Verkehrsmittel wechseln. Und es ist mindestens so gesund wie kostengünstig.
Jede Stadt scheint so ganz typische Bauweisen zu haben und für Paris sind das definitiv die hohen Altbauten mit schmalen Fenstern vor denen ein eisernes Gitter befestigt ist. Auch interessant: die Deckenhöhe der Altbauten ist niedriger als das, was ich aus Berlin gewohnt bin.
Wenn man die Sprache nicht versteht, kann das zu sehr viel Frust aber auch zu lustigen Situationen führen. Zum Beispiel, wenn man sich wundert, weshalb unter Straßenschildern regelmäßig SAUF steht. Ist das etwa ein Trinkspiel für Verkehrsteilnehmer?!
Das Wörterbuch gibt Entwarnung und verrät, dass es ganz langweilig ist und nur "außer" bedeutet. Trotzdem absurd für deutschsprachige Personen ohne Französischkenntnisse.

Der Triumphbogen



Le Parthenon

Notre Dame 

Boulangerie, Boulangerie, Boulangerie!

Also wenn man sich vornimmt, sich vor dem Urlaub nur zehn grundlegende französische Wörter wie Hallo, Bitte, Danke und Auf Wiedersehen anzueignen, sollte man absolut darüber nachdenken, den Begriff "Boulangerie" zum Vokabular hinzuzufügen. Denn das bedeutet Bäckerei, was in Frankreich nicht nur Verkaufsort schnöder Brötchen bedeutet, sondern Quelle von unverschämt fluffigem Gebäck und sündhaft guten Süßigkeiten.
Ohne Witz: so gutes Hefegebäck (Fachbegriff: Brioche) habe ich noch nie gegessen. Dank der Unmengen an Boulangerien konnten wir auch jeden Morgen einen neuen Bäcker ausprobieren.

Meine persönliche Top 5 der Bäckereieroberungen:
  1. fluffig-saftiges Brioche
  2. Tarte au Citron
  3. gefüllte Eclairs
  4. Macarons: völlig überteuert aber eben doch verdammt lecker.
  5.  außen knuspriges, innen weiches Baguette


Tarte au Citron, Brioche, Baguette, Macarons, Eclair!

Um an all diese Leckereien zu kommen, habe ich auch mein bestes Fantasiefranzösisch ausgepackt und mit "Un brioche y …äh…et…un baguette por favor…sil vous plä!" irgendwie am Ende tatsächlich das bekommen, was ich wollte. Schon krass, wie sehr das Hirn einfach spanisch sprechen möchte, wenn die Vorgabe ist, dass Englisch sowieso nicht funktioniert.

Mich auch wirklich überrascht, wie wenig weit man mit Englisch kam. Noch nie habe ich die Sprachbarriere so hart zu spüren bekommen.
In den extrem stark von Touristen besuchten Orten wie Museen konnten die Mitarbeiter schon grundsätzlich die regelmäßig verwendeten Phrasen aber alles darüber hinaus ging gar nicht. Und in den normalen Supermärkten schien nahezu niemand englisch zu sprechen und wenn dann nur sehr gebrochen. Leider galt das auch für die jüngeren Leute, von denen ich wirklich nicht gedacht hätte, dass sie ohne nennenswerte Englischkenntnisse durchs Leben gingen.
Die ganzen Klischees und Vorurteile zum Thema Sprache scheinen tatsächlich nicht ohne Grund zu existieren.


Haute Cuisine
Eins der wenigen französischen Wörter, die ich noch kenne ist Haute Cuisine. Das bedeutet nicht - wie man auf den ersten Blick meinen könnte - verdroschene Tochter des Onkels, sondern (hoffentlich) hohe Küche und damit Kochkunst. Und das haben die Franzosen auch drauf.
Zwar ist das Essen durchschnittlich definitiv teurer als in Deutschland aber auch im Durchschnitt besser. Am Essen wird nicht geknausert und das schmeckt man.

Die Flammkuchen aus der Bäckerei sind nicht wie die gewöhnliche Ditsch Pizza nur fettig und kostengünstig in Massenproduktion vorgebacken sondern haben eine wirklich gute Teigbasis, sind mit richtigem Käse belegt und perfekt gewürzt.
Dank meiner Vorliebe für Essen habe ich gelernt, dass eine Brasserie ein Zwischending zwischen Restaurant und Bar ist. Man kann sich zum Drinks schlürfen verabreden aber gleichzeitig etwas besseres als nur einen Snack zu essen bekommen.
Das haben wir ausgenutzt und uns in einer Brasserie durch die Karte probiert. Und was läge näher als bei im Alltag nahezu ausschließlich vegetarischer  Ernährung das Steak Tartar zu probieren? So rohes, klein gehacktes Rind mit Gewürzen klingt spontan nicht zu verlockend, doch ich muss zugeben, dass es mich geschmacklich absolut überzeugt hat. Die Sache mit dem Essen haben die Franzosen halt echt drauf. Und Süßspeisen sowieso. Arme Ritter aus Baguette mit Salzkaramell aka pain perdu (Apfelkern Translator: verlorene Schmerzen) waren einfach göttlich. Reisen nach Frankreich sind offensichtlich kein guter Moment, Kalorien zählen zu wollen.

Pain perdu, Steak tartare, Flammkuchen

Meine Top Sehenswürdigkeiten
So viel zum Allgemeinen. Was sind nun aber die Sehenswürdigkeiten, die ich zu besuchen empfehlen würde?

Tour Montparnasse
Den 210 Meter hohen an sich nicht besonders gut aussehenden Turm kann man während man durch den Stadtkern läuft fast immer sehen. Wenn man sich dann gönnt, die Eintrittsgebühr von unverschämten 15 Euro beziehungsweise noch immer überteuerten 12 Euro für Studenten, kann man von der Spitze des Turms aus die ganze Stadt bewundern.
Wir waren zufällig genau zum Sonnenuntergang dort, sodass wir einmal die Stadt mit den wirklich gut sichtbaren berühmten Bauwerken einmal im Tageslicht und direkt danach in beleuchteter Pracht unterm Nachthimmel bewundern konnten. Perfekt, um Bilder von Paris zu machen, auf denen man den Eiffelturm auch sehen kann.

Auf dem Dach gibt es auch noch eine kleine Eislaufbahn, die immerhin im Eintritt ingbegriffen ist. Aber Achtung: als ich voller Freude in Schlittschuhen auf die Bahn hüpfte, fiel mir direkt auf, dass es sich gar nicht um Eis, sondern um Kunststoffplatten handelte. Darauf ließ es sich absolut nicht gleiten; das einzig mögliche Manöver war, ständig weg zu rutschen. Keine Empfehlung für die Kunststofflaufbahn aber dafür eine umso größere für die Aussicht vom Turm.






Louvre
Wenn eins der zahlreichen Museen in Paris sich weltberühmt nennen darf, dann ist es definitiv das Louvre. Es ist eins der größten Museen der Welt und von außen betrachtet noch dazu eins der Wahrzeichen von Paris. Nachdem man kostenlos zahlreiche Bilder von den Glaspyramiden des Louvre gemacht hat, kann man als junger Mensch kostenlos oder für 15 Euro durch eine Pyramide dieses gigantische Kunstsammlung betreten. Von Plastiken, Skulpturen über Altäre und Gemälde kann man sich in einem wahren Überfluss an Kunst satt sehen. Auch wenn man nach ein paar Stunden absolut nicht mehr aufnahmefähig ist, wenn es darum geht, meisterhafte Kunst wertzuschätzen, sollte man sich die Mona Lisa nicht entgehen lassen. Es lohnt sich allein schon, um die sich davor drängenden Menschen zu beobachten. Wirklich sehr interessant, was manche Leute so machen, um ein Foto von sich vor der Mona Lisa ohne andere Personen im Bild zu bekommen.

Vor dem Louvre

Suchbild: Wo ist die Mona Lisa nur?

Sacre coeur
Auf der höchsten natürlichen Erhebung, dem Montmatre, sieht man schon aus der Entfernung eine helle orientalisch anmutende Kirche mit Zwiebeltürmchen. Zu Fuß gelangt man über schmale Treppen auf den Montmatre, alternativ bringt einen auch eine Seilbahn nach oben. Dort angekommen kann man eine großartige Aussicht genießen und nachdem man sich genug Wind um die Nase wehen lassen hat auch in den Sakralbau hinein gehen.
Der Eintritt ist - wie es sich meiner Meinung nach für Gotteshäuser auch gehört - kostenlos. Innen kann man dann das prächtige Deckenmosaik betrachten. Allein die Größe der katholischen Wallfahrtskirche ist beeindruckend.


Versailles
Nicht ganz innerhalb der Stadt gelegen ist das prachtvolle Schloss von Versailles, einstiger Sitz des französischen Königs bis zum Ausbruch der Revolution. Wenn es ein Beispiel für barocke Baukunst gibt, das immer wieder aufgeführt wird, dann ist es der perfekt geometrisch und symmetrisch angelegte Schlossgarten in dessen Mitte das prunkvoll dekorierte Schloss steht. Selbst die verschwenderisch vergoldeten Zaunspitzen können einen nicht darauf vorbereiten, was für eine verschwenderische Fülle von Kunst einen im Inneren erwartet. Minimalist war der gute Sonnenkönig Ludwig absolut nicht.
Durch die überwältigenden Empfangssäle, Schlafgemächer, Spiegelsäle oder Esszimmer zu spazieren und sich vorzustellen, was für ein Wahnsinn das Leben dort zu Zeiten Ludwig des XIV. gewesen sein muss, ist absolut verrückt.
Im Anschluss durch den Schlossgarten zu wandeln und Menschen beim Rudern auf dem hunderte Meter langen Teich zu beobachten hilft dabei, die Augen ein bisschen zu beruhigen nach den ganzen Eindrücken.
Mit der Regionalbahn lässt sich Versailles vom Stadtzentrum aus in etwa einer halben Stunde erreichen und die Fahrt ist mit knapp vier Euro pro Strecke auch absolut erschwinglich.

Schloss...

…und Garten
Der bisher noch nicht erwähnte Eiffelturm ist eins der bekanntesten Pariser Wahrzeichen und beeindruckend anzusehen aber unterm Strich auch nicht so überwältigend. Das verrückteste ist einfach das Gefühl, plötzlich direkt unter einem Gebäude zu stehen, dass man schon so oft auf Bildern oder in Videos gesehen hat. Bei Nacht in Beleuchtung wirklich gut anzusehen ist der Eiffelturm auch, doch am Ende wäre es mir keine 17 Euro wert, mit dem Fahrstuhl bis auf die Spitze zu fahren.

Aufgefallen sind mir auch die zahlreichen schwer bewaffneten Streitkräfte, die einfach auf der Straße stehen als wäre es normal. Kenne ich aus Deutschland gar nicht und empfand es dementsprechend als irritierend und beunruhigend. Ich durfte sogar erleben, wie sie unverständliche Dinge auf Französisch rufend über einen Platz gerannt kamen und die Einheimischen einfach entspannt weg schlenderten, während ich mich völlig hilflos und verletzlich fühlte, weil ich schon gar nicht verstand, was sie überhaupt riefen. Absolut gruselig.

Alle Klischees vereint auf einem Bild

Unterm Strich kann ich ein klares Fazit ziehen: Paris ist definitiv den Besuch wert! Die Sprachbarriere ist vorhanden und das in einer erschlagenden Stärke aber auch mit Fantasiefranzösisch verhungert man nicht. Allein schon das Erlebnis, plötzlich mit Englisch nicht verstanden zu werden, ist die Reise wert.
Also - egal ob Französischkenntnisse oder nicht, wagt euch nach Paris, denn dort gibt es mehr als nur kitschige Heiratsanträge an jeder Ecke oder Baguettes unterm Eiffelturm.