Donnerstag, 29. September 2016

Einfach darauf festlegen, offen zu sein

Letztens kam in einem Gespräch mit Freunden meiner Eltern das Thema Sport auf. Im Rahmen dessen stellten sie reihum die Frage, was denn die Lieblingssportart jeder der anwesenden Personen wäre. Ganz brav wurde geantwortet: Tennis, Schach, Yoga. Dann wurde die Frage an mich gerichtet und ich konnte nur verständnislos mit den Schultern zucken.

Ja, magst du denn keinen Sport?!
Oh doch, ich liebe Sport, Bewegung und einfach damit herauszufinden, was der Körper so alles kann. Aber genau deshalb stellt sich für mich die Frage: weshalb sollte ich mich auf eine Lieblingssportart festlegen?

Um am Ende sagen zu können, was meine liebste Sportart ist, muss ich ja schließlich erst mal alle ausprobiert haben, die mir vom theoretischen Konzept her zusagen. Das wären dann schon mal einige, die ich in meinem Alter längst noch nicht alle ausprobiert habe.
Nur, weil ich Spaß daran habe, jede Woche Tennis zu spielen, heißt es nämlich nicht, dass ich an einer anderen Sportart nicht auch Freude finden könnte. Die Chance, neben Tennis noch ein ganze andere Universen verschiedener Sportarten zu entdecken, die mich begeistern, reicht für mich, um über den Tellerrand des Tennisfeldes hinaus zu blicken.

Zudem ist nicht jede Art von Sport auf die gleiche Art fordernd für Körper und Geist. Einige Sportarten erfordern Kraft, andere Ausdauer, Balance oder Flexibilität. Warum sollte ich mich darauf limitieren, immer nur joggen zu gehen und dabei Kraft, Balance und Flexibilität zu vernachlässigen? Allein aufgrund dessen würde mir eine Sportart für den Rest meines Lebens nicht genug sein.
Niemand würde sich sein ganzes Leben lang nur von Spaghetti Bolognese ernähren wollen auch wenn es einem schmeckt und man prinzipiell vielleicht damit überleben könnte. Genau deshalb möchte ich eben auch nicht mein Leben lang nur eine einzige Sportart zu betreiben, sondern möglichst viel ausprobieren. Damit ich neben Yoga, Inlineskaten, Training mit Gewichten, Pilates, Kickboxen, Schwimmen und Badminton vielleicht noch mehr Arten der Bewegung entdecke, die ich liebe.

Sport hat für mich viel mit Genuss zu tun. Den Körper zu bewegen ist einfach das, wofür er da ist und dementsprechend belohnt er das auch mit einer guten Stimmung, Energie am nächsten Tag und tiefem Schlaf.
Ganz klar ist nicht jeder Sport ein Genuss und das ist auch ein Teil der Erfahrung. So habe ich schon bemerkt, dass ich Tischtennis, Zumba oder Ballett nicht wirklich genießen kann und dann lasse ich es einfach sein, mich in diesen Disziplinen zu versuchen.
Denn einen Sport, zu dem ich mich quälen müsste, würde ich nicht ausüben. Viel mehr ist Sport für mich Entspannung, eine schöne Freizeitaktivität mit einer spielerischen Komponente.

Den Gedanken, dass es schön ist, einen Sport schon lange zu betreiben und aufgrund dessen darin sehr erfahren und vielleicht auch erfolgreich zu sein, mag ich. Das schließt aber nicht aus, nebenbei noch anderen Sport zu betreiben.
Wahrscheinlich werde ich auf lange Sicht schon meine liebsten Sportarten finden und bevorzugt diese ausüben. Dennoch würde ich mich nicht auf nur einen Sport festlegen, nur um so die Frage nach dem Lieblingssport genau beantworten zu können. Denn man hat viel mehr davon, offen zu sein als stur für immer nur ein und dieselbe Sportart zu praktizieren.

Warum auch für immer nur Spaghetti essen, wenn ich jedes Gericht der Karte ausprobieren kann?

Samstag, 17. September 2016

True colours

Wir müssen reden. Und zwar über das Thema Vertrauen.
An sich bin ich ein Mensch, der relativ schnell Vertrauen fasst. Das hat sich über Jahre bei mir bewährt und ich könnte kein wirkliches Beispiel benennen, wo es mir im Nachhinein tatsächlich mal auf die Füße gefallen ist, jemandem zu vertrauen. Bis jetzt.

Mir ist klar, dass Menschen nicht immer die Wahrheit sagen. Mal aus Bequemlichkeit, mal aus sozialem Druck. Wer will oberflächlichen Bekannten auf die Frage, wie es einem ginge, auch schon all seine Sorgen und Hoffnungen eröffnen? Es ist in dem Moment sehr viel einfacher zu sagen, es ginge einem gut. Das ist eine der gesellschaftlich akzeptiertesten Lügen überhaupt. So sehr, dass ich mich oft frage, warum Menschen diese Frage überhaupt noch stellen, ohne eine wirkliche Antwort zu wollen. Aber darum geht es nicht.

Viel mehr geht es darum, Menschen eine klare Frage mit den Antwortmöglichkeiten ja oder nein zu stellen und auch wenn ja der Realität entspräche, antworten sie mit nein. Daraufhin verhält man sich, als wäre Antwort ja die Realität und am Ende steht man da und wundert sich, wieso die andere Person sich nicht auch langfristig passend dazu verhält, wie sie geantwortet hat.
Tl;dr: ich wurde ganz bewusst angelogen, sodass der andere Vorteile daraus ziehen konnte.

Für mich hat sich daraus kein wirklicher Schaden ergeben bis auf die Verunsicherung, ob ich anderen eigentlich überhaupt noch vertrauen sollte. Offen gesagt habe ich bei privaten Personen, die mir nicht gerade etwas verkaufen wollten, um Geld bettelten oder mir davon erzählten, wie Jehova uns alle vorm Armageddon retten würde, wenn ich sofort beitreten würde, nahezu immer vertraut. Nicht unbedingt so sehr, dass ich sie sofort mit meiner Geldbörse los geschickt hätte, um uns ein Eis zu holen, aber doch so, dass ich annahm, sie würden mir nicht bewusst über relevante Dingen ins Gesicht lügen.

Diese Erfahrung hat eine ganze Kette von Überlegungen angestoßen. Ich bin gedanklich verschiedene Punkte abgegangen, in denen ich Menschen einfach immer geglaubt habe, was sie mir erzählten.
Antworten auf die Frage, wo sie waren. Antworten auf die Frage, ob sie daran gedacht haben, eine bestimmte Aufgabe zu erledigen. Antworten auf meine Frage, nach ihrer Meinung zu einem gewissen Thema. Es ließe sich unendlich fortsetzen.

Was mir klar wurde ist, dass Vertrauen die Grundlage des menschlichen Zusammenlebens ist. All die Angelegenheiten, in denen wir unserem Gegenüber nicht vertrauen, werden vertraglich geregelt, um quasi Vertrauen zu erzwingen, indem man ein juristisch gültiges Abkommen schließt, das mit Konsequenzen droht, wenn das Übereinkommen nicht eingehalten wird. Das ist für finanzielle Dinge vielleicht hilfreich, doch im privaten Bereich möchte ich mir Vertrauen nicht mit solchen Mitteln erkaufen müssen. Es hinterlässt einfach einen bitteren Beigeschmack zu wissen, dass jemand vielleicht auch nur wegen einer bindenden Abmachung sich auf eine bestimmte Art und Weise verhält.
Weil Vertrauen so basal ist, weiß ich, dass ich in Zukunft nicht darauf verzichten können werde und es auch nicht will. Trotzdem ist es bitter zu realisieren, dass man auf Grundlage einer Lüge, die man nicht hinterfragt hat, für eine gewisse Zeit ein Vertrauen aufgebaut hat.

Man lernt nie aus im Leben. Man muss nur aufpassen, dass man dabei nicht zu verbittert wird.
Ich hoffe, dass ich so etwas nicht so bald wieder erleben muss. Es verunsichert einen nur und und schadet so viel mehr als der Urheber sich im Moment seiner unwahren Äußerung hätte vorstellen können. Also überlegt, was ihr anderen erzählt und wem ihr vertraut.

Dienstag, 6. September 2016

Zu viel des Guten: Gedanken zur Selbstkritik

Baden gewesen, Bikini getragen, Bilder davon gemacht. Heute bin ich dazu gekommen, mir diese Bilder anzusehen und es war grässlich. Nicht mal, weil ich so furchtbar aussehe, sondern weil mir klar wurde, wie schrecklich kritisch und gemein ich mir selbst gegenüber bin.

Andere sehen auf den Fotos am See einen glücklichen Moment des Sommers. Ich sehe platt herabhängendes, zotteliges Haar, eine schief auf der Nase hängende Brille, mein breitestes Zahnfleischlächeln (kann ich denn nicht einmal normal lächeln wie jeder andere auch?!), Hautunreinheiten und eine schreckliche Speckfalte, weil ich mich auf dem Bild natürlich maximal nach vorn beugen muss. Boah und dann auch noch auf allen Fotos diese zusammengekniffenen Augen! Das kommt davon, wenn man sich gegen das Sonnenlicht fotografieren lässt.
Noch dazu betont das Licht so schön meine Ganzkörper-Tiefenweiße, die wahrscheinlich noch die Passagiere der Flugzeuge über mir blendet. Wobei die Blässe der Teil des Gesamtbildes ist, mit dem ich mich dann noch am meisten anfreunden kann.

Es ist schrecklich, meinen Gedanken zuzuhören, die Bilder von mir auseinandernehmen und darüber her ziehen. Jede Schwachstelle, jeder Fehler wird diskutiert. Aber warum nur? Freude macht es mir nicht, doch ich kann diese Gedankengänge auch nur schwer unterdrücken, wenn ich Bilder, Texte oder Audioaufnahmen von mir in die Finger bekomme.

Manchmal denke ich mir, dass wir uns selbst so streng betrachten, damit es kein anderer tut. Wenn wir selbst jeden unserer Fehler gnadenlos beleuchten und analysieren, können wir ihn beheben und so eventuell vor anderen verbergen, bevor es ihnen auch nur auffällt. Schließlich kritisieren wir uns still und heimlich in Gedanken und nicht öffentlich für andere hörbar.
Auch wenn diese Methode der Selbstanalyse mit nachfolgender "Problem"-optimierung funktionieren kann,  hinterlässt sie ein schlechtes Gefühl. Es macht das Verhältnis zur eigenen Person einfach nicht besser, wenn man sich Gedanken darüber macht, wie wohl jede Pore des eigenen Körpers auf andere wirkt. Sich mental selbst zu mobben ist wohl nie hilfreich - vor allem nicht fürs Selbstbewusstsein.

Schließlich bewerte ich Bilder anderer auch nicht so kritisch und fies wie meine eigenen. Bei anderen fixiere ich mich mehr auf das Gesamtbild, das dargestellte Ereignis und die Stimmung und nicht etwa darauf, ob ihre Brille dreckig und die Mascara verschmiert aussehen.
Dass man seine Wirkung auf die Umwelt so detailliert zu analysieren versucht, ist für mich auch ein Ausdruck davon, dass man sich selbst viel zu wichtig nimmt. Man ist aber nur das Zentrum seiner eigenen Handlungen und Entscheidungen, jedoch nicht das des Universums. Vergisst man manchmal auch zu schnell.

Was man nicht vergessen sollte: irgendwann werden diese Bilder Erinnerungen und wenn es gut läuft, werden es gute. Ein Sommertag am See, noch kein graues Haar in Sicht (egal ob nun zottelig oder perfekt geföhnt), kein Stress und so betrachtet sah man dann doch vielleicht nicht so furchtbar aus, wie man in dem Moment dachte und hätte gar keinen Grund gehabt, sich so viele Gedanken darüber zu machen.
So oft habe ich es schon von meinen Eltern, Großeltern, "älteren" Bekannten und ähnlichen gehört, dass sie sich ärgern, in ihren Teenagerzeiten und Zwanzigern so selbstunsicher gewesen zu sein, wozu sie rückblickend gar keinen Grund gehabt hätten. Sommersprossen, Pickel, Brillen, dicke Beine, die gar nicht wirklich dick sind und merkwürdige Mode, die irgendwann nur noch eine witzige Erinnerung werden, sind nichts, weshalb man sich selbst beschimpfen oder vor anderen verstecken muss. Sie alle meinten nur, sie wünschten sich, das früher erkannt zu haben und so nicht immer die blassen nicht ganz spindeldürren Beine auch im Hochsommer ständig unter langen Hosen versteckt, die Brillen für Bilder abgenommen (und dann mit zusammengekniffenen Augen weg von der Kamera geschaut) oder die Sommersprossen mit Schneckenschleim zu bleichen versucht zu haben.

Mit diesem Wissen im Hinterkopf versuche ich auch, mir gegenüber nicht zu kritisch zu sein. Meistens klappt es ganz gut und ich traue mich trotz imperfekter Haut mit Unreinheiten auf dem Rücken im Sommer im Top raus, das die "Problematik" nicht komplett verbirgt oder trage kurze Hosen, die über den Knien enden obwohl meine Oberschenkel definitiv breiter sind als meine Waden. Einfach, weil es normal ist. Trotzdem kommentiere ich mental mein von mir als unpassend oder peinlich wahrgenommenes Verhalten und Aussehen dabei weiter. Es ist nicht so leicht, mit sich selbst im Gleichgewicht und voller Selbstbewusstsein zu sein. Selbstbewusstsein im Sinne von Selbstsicherheit und nicht Bewusstsein gegenüber der eigenen Fehler. Sich nicht in den Handlungen von der Selbstunsicherheit einschränken zu lassen ist zumindest ein erster Schritt in die richtige Richtung.
Denn jeder Mensch hat Aspekte, die dem gesellschaftlichen Ideal nicht entsprechen und die ihn verunsichern. Nur fallen die einem bei anderen meist nicht auf, weil es eben nicht die eigenen sind und man einfach darüber hinweg sieht.