Samstag, 31. Mai 2014

Selbstbewusstsein ist, sich trotzdem nicht zu verstecken

Sommer - das ist die Zeit in der allen chronisch zu warm ist und man insofern man sich nicht den ganzen Tag im Schatten aufhalten kann, am liebsten maximal mit Unterwäsche bekleidet umher laufen würde. Aber wie es die Gesellschaft so will, gilt das nicht unbedingt als alltagstauglich. Und so tragen wir das, was unsere Körper noch ausreichend bedeckt und gleichzeitig möglichst viel Haut zur Wärmeabgabe frei lässt. Man sieht misslungene Tattoos, Speckfalten, Narben und all die Dinge des menschlichen Körpers, die nicht perfekt sind. Dafür erntet man auch schnell schiefe Blicke.
"Wie, die dicke Trulla traut sich mit ihrer Cellulite in Shorts raus?", "Also mit dem Bauchumfang würde ich ja dieses enge Kleidchen nicht tragen" "Mit so einer Haut kann man doch kein rückenfreies Top anziehen!"

Stoff zum Lästern gibt es genug und man selbst möchte nicht unbedingt Thema eines solchen Gespräches sein. Was macht man also? Man versteckt all das, was gesellschaftlich nicht akzeptiert sein könnte. Damit die Mitmenschen ja nichts sagen; damit man der Gesellschaft gefällt. Damit man nicht auffällt.

In meiner Pubertät hatte ich sehr mit meiner Haut zu kämpfen. Immer Mitesser, Pusteln, Rötungen im Gesicht, auf den Oberarmen und am oberen Rücken. Ich würde nicht sagen dass es wirklich starke Akne war aber es war mehr als nur mal zwei Mitesser auf der Nase. Mir war das entsetzlich unangenehm; besonders, da ich es bei meinen Mitschülern nie so ausgeprägt sah wie bei mir. Also achtete ich darauf, nie ärmellose Oberteile zu tragen und erst recht nichts rückenfreies. Auch wenn ich im Sommer unter meinen Shirts manchmal fast zerfloss, kam es absolut nicht infrage, etwas weniger bedeckendes zu tragen. Denn das geht ja nicht, wenn man keine perfekte Haut hat. Zumindest kam es mir vor wie ein ungeschriebenes Gesetz.

Irgendwann wurde mir klar, dass die Ursache, dass ich bei meinen Mitschülern nie so eine unperfekte Haut wie meine sah,war, dass diejenigen, die auch davon betroffen waren, genau wie ich es sorgsam versteckten. Nur in der Umkleide beim Sport konnte man einen Blick erhaschen, der die Erkenntnis brachte.

Wenn man erst einmal anfängt, mehr auf solche Dinge zu achten, fällt einem immer mehr auf. Da trägt jemand selbst im Hochsommer nie kürzere als 3/4 Hosen - irgendwann sieht man dann die Dehnungsstreifen an Knie und Oberschenkel. Menschen, die immer offene Haare tragen, weil - wie später heraus kommt - ihnen ihre abstehenden Ohren peinlich sind. Es gibt auch diejenigen, die immer weite, lange Schlabberkleidung tragen, um zu kaschieren, dass sie mehr als das Idealgewicht auf die Waage bringen. Schon damals fragte ich mich irgendwann, warum wir eigentlich unsere Makel versteckten. Denn schließlich haben wir eigentlich alle die ein oder andere Stelle an unserem Körper, die wir nicht unbedingt schön finden sondern sie viel lieber verbergen würden.

Aber ehrlich? Nur weil jemand Dehnungsstreifen, Pickel oder Übergewicht hat, muss er sich doch nicht auch den kompletten Sommer lang unter bedeckender Kleidung verstecken.
Wir alle wissen, dass Menschen nun einmal ihre Makel haben und angesichts dieses Wissens ist es ungeheuer lächerlich, so tun zu wollen, als hätte man diese nicht. Doch wer will schon einen von der Akne gezeichneten Rücken zeigen?

Natürlich ist nicht all das, was man täglich an fremden Körpern beobachten kann ästhetisch und wie aus Marmor gemeißelt. Dennoch: ich finde es albern, sich zu schämen für seine kleinen Makel, denn umso mehr man sich darüber nachdenkt und schämt desto schlimmer wird es. Auch wenn mir bewusst ist, dass ich nicht die wunderschönste Haut besitze, habe ich gelernt, mich so zu akzeptieren und zu schätzen, wie ich bin. Das ist auch wesentlich sinnvoller als sich ständig darum zu sorgen und zu schämen. Ich dachte, ich würde beim Abiball nie ein hübsches Kleid tragen können, das auch nur ansatzweise meinen Rücken zeigt. Ich dachte, ich würde nie einen Freund haben, denn sobald der bemerkt, dass ich öfter man Mitesser und Pusteln habe als andere, ergreift er die Flucht - sollte ich mir denn angesichts meiner Haut überhaupt je einen anlachen können. Und was ist wirklich passiert? Beim Abiball hatte ich ein wunderschönes Kleid mit einem moderaten Rückenausschnitt an und einen verdammt tollen Freund habe ich auch.

Inzwischen denke ich, dass vor allem weil ich mir so ungeheuer viele Gedanken über meine Haut und wie ich sie verstecken kann, es so belastend für mich war. Ich denke, dass wir uns nicht mit solchen Dingen übermäßig beschäftigen und beschweren müssen. Lernt euch selbst lieben und versteckt euch nicht. Man braucht nicht den Körper eines Topmodells, um sich im Bikini zeigen zu dürfen. Und wer über jemanden lästert, der sich trotz seiner Unperfektheiten traut, diese zu zeigen, ist wirklich ein Idiot: denn auch diese Person wird äußerliche Dinge haben, die nicht ideal aussehen. Mir ist es auch wirklich lieber, mit nicht makellos schönen Menschen umgeben zu sein, wenn sie durch ihre eigenen Baustellen gelernt haben, was es heißt, sich für etwas zu schämen und andere aufgrund dieser Erfahrung nicht für Äußerlichkeiten verurteilen. Der eigene Charakter wächst und reift mit solchen Gefühlen. Es dauert seine Zeit zu erkennen, dass wir alle in gewisser Weise umperfekt sind und das gut so ist. Wir müssen es nur realisieren, dass es so ist und anfangen, auch unsere äußerlichen Fehler zu akzeptieren und selbstbewusst damit umzugehen.

Apfelkern

3 Kommentare:

  1. Schönes Thema, wollte auch kürzlich etwas über Selbstbewusstsein schreiben (war aber zu faul...) und mein Fazit wäre dabei auch, dass man sich einfach weniger um sich kümmern sollte. Es ist wie mit dem Leben an sich, denkt man ein wenig ZU viel darüber nach, wird man schnell unzufrieden. Deshalb sollte man sich nicht mit den negativen Sachen beschäftigen und mal ein Auge auf die Dinge legen, die einem an einen gefallen. Und irgendwie habe ich somit auch Selbstbewusstsein erlangen können. Gar nicht so schwer.

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  2. Ich erlebe es im Moment auch wieder, dass viele meiner Mitmenschen, meist die Mädchen/Frauen, mit Diäten oder Sport anfangen, um "eine Bikini-Figur" zu bekommen. Abgesehen,dass es für so etwas aus zeitlichen Gründen sowieso schon zu spät sein dürfte, sehe ich die einfachste Möglichkeit dafür ,"eine Bikinfigur" zu bekommen, darin einfach einen anzuziehen. Natürlich trifft nicht jeder Körper auf jedes Schönheitsideal, aber Personen sind nunmal einfach unterschiedlich.
    Ich finde es ziemlich schade für die Personen, die sich aufgrund ihres Körpers nicht trauen sich so anzuziehen wie sie wollen. Irgendwie muss man doch mal den Somemr genießen können.
    In diesem Sinne, wieder einmal ein ziemlich guter Post von dir zu einem Thema, was wahrscheinlich für viele wieder hochaktuell ist!

    Viele Grüße,
    Pearl.

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  3. wenn da nicht diese lästereien wären... manchmal möchte man sich einfach kommentare ersparen.

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