Sonntag, 13. April 2014

The internet is for porn!

…das sagt zumindest dieses sehr witzige Video. Uns allen ist bewusst, dass man sich ohne Probleme im Netz eine Menge Pornografie ansehen kann aber es redet trotzdem keiner darüber. Grund genug, es doch einmal zu tun.

Heute ist das mit den Pornos irgendwie anders als es noch vor ein paar Jahren war. Auch wenn sie noch immer auf eine gesellschaftlich akzeptierte Weise tabu sind, muss man sich nicht mehr in die Situation größter Peinlichkeit begeben und im Supermarkt das Erotikmagazin an die Kasse tragen oder dem Mitarbeiter der Videothek ins Gesicht sehen, wenn man sich heiße Filmchen ausleiht. Dementsprechend ist es leichter und die Hemmschwelle niedriger, an solches Material zu gelangen.

Man hört ja immer wieder, dass die heutige Jugend total versaut wäre, weil ihnen 24/7 das Internet mit all dem, was es da an Erotik, Pornos und was es sonst noch so unzüchtiges gibt, zur Verfügung steht. Der Begriff "Generation Porno" ist euch in dem Zusammenhang bestimmt schon mal über den Weg gelaufen.

Was es da alles für Vorurteile gegenüber Jugendlichen und eigentlich allen, die während ihrer Jugend unkontrollierten Internetzugang hatten, gibt: ständig von Pornografie umgeben und schon völlig abgestumpft. Sie wollen das unrealistische Bild, das in Pornos vermittelt wird in die Wirklichkeit umsetzten. Für Romantik keinen Sinn mehr aber dafür ganz vorn mit dabei bei Gruppensex, Oralverkehr, Bondage, Analverkehr und Spanking - das ist ja nicht normal, das kommt alles nur aus diesem Internet!

Wenn ich sowas höre, muss ich immer unfreiwillig schmunzeln. Nur weil ich ein internetfähiges Gerät besitze, heißt es noch lange nicht, dass ich es zu 85% dazu nutze, Pornos zu konsumieren. Klar könnte ich das tun aber wer sagt denn, dass ich das will?
Unsere Eltern haben ihre Mütter und Väter vielleicht noch schockieren können, wenn sie Sex vor der Ehe hatten und seitdem das zumindest hierzulande kein Grund zur Aufregung mehr ist, wird halt über Pornografie im Internet geschimpft. Natürlich gab es vorher schon Aktaufnahmen aber nie war das Angebot so groß und so leicht verfügbar. Sollte man daran etwas ändern?

Ich denke nicht, dass das nötig ist. Denn obwohl die Möglichkeit besteht, ständig erotische Bilder und Filme online anzusehen, macht man es noch lange nicht. Und wer das möchte, der soll das auch gerne tun. Solange es keine Kinderpornografie ist und die Hauptakteure der heißen Bilder und Filme die Aufnahmen freiwillig gemacht sowie veröffentlicht haben und es dementsprechend keine Videos von Vergewaltigungen sind, sehe ich daran nichts schlimmes.

Im Gegenteil: in gewisser Weise kann es sogar lehrreich sein, sich mit der eigenen Sexualität zu befassen. Es ist besser, schon bevor es ernst wird zu wissen, wie das mit den Bienchen und den Blümchen funktioniert. Zumindest ist es meiner Meinung nach erstrebenswerter als zum Beispiel amerikanische Jugendliche, die feierlich schwören, nie Sex vor der Ehe zu haben, im Unterricht keine Aufklärung erhalten und dann letztendlich glauben, man könnte mit einem Tampon verhüten oder dass ein Coitus interruptus  einen sicheren Schutz vor Schwangerschaften bieten würde. Denn das sind dann auch viel eher diejenigen, die mit sechzehn plötzlich ungewollt schwanger sind.
Und von der fehlenden Aufklärung über sexuell übertragbare Krankheiten reden wir an dieser Stelle noch gar nicht.

Um aufgeklärt zu werden muss man aber noch lange nicht den ganzen Tag lang online Videos ansehen, in denen die großbusige junge Blonde in pinker Spitzenunterwäsche spontan über den Mann mittleren Alters Typ Hausmeister her fällt und Dinge tut, die nicht unbedingt zur normalen Intimität in einer Beziehung gehören. Rein aus Interesse habe ich vor vielleicht einem Jahr beschlossen, mir mal einen Porno ansehen zu wollen, um diese Erfahrung zu sammeln und dabei bin ich auf ein Video diesen Typs gestoßen. Es war absolut unrealistisch und für mich - obwohl ich mich für alles andere als verklemmt oder prüde halte - einfach nur widerlich. Es war eine seelenlose Interaktion von zwei Körpern, mehr nicht. Das wirkte auf mich weder anregend noch in irgendeiner Form erstrebenswert und ich brach den Film nach der Hälfte ab, weil ich es einfach nur abstoßend fand.

Was genau ist eigentlich Pronografie? Wikipedia definiert es als "direkte Darstellung der menschlichen Sexualität oder des Sexualakts in der Regel mit dem Ziel, den Betrachter sexuell zu erregen". Das findet man im Internet nicht nur in Form von Videos, sondern auch in Form von Bildern auf entsprechenden Blogs, Twitter oder Instagram Accounts, Tumblr Seiten oder was es sonst noch gibt. Und davon abgesehen gibt es auch noch genug Gurus, die auf YouTube oder eigenen Blogs Wissen, Tipps und Erfahrungen verbreiten. Manchmal ist es überraschend, wie viel Sex sich eigentlich im Internet tummelt. Man sollte aber auch abgrenzen, dass nicht alles davon gleich Pornografie ist, das heißt dem Ziel der sexuellen Erregung dient. Es gibt zum Beispiel auch viele medizinische oder psychologische Betrachtungen dazu im Netz, die überhaupt nichts mit Pornografie zu tun haben.

Zurück zu dem Punkt, dass es ja viel zu viel leicht und kostenlos verfügbaren sexuellen Inhalt im Netz gibt. Ich finde das nicht schlimm, denn das kann helfen, entspannter mit dem Thema umgehen zu lernen. Nacktheit ist nichts schlechtes oder gar unnatürliches und mit Sex verhält es sich genauso. Wenn die Eltern das Thema tot schweigen und einem im Laufe der Kindheit und Jugend nur vermittelt wird, dass man darüber nicht redet, wird es schwer, ein normales und entspanntes Verhältnis zum eigenen Körper und der eigenen Sexualität zu entwickeln. Dass einen das Thema spätestens in der Pubertät interessiert und fasziniert, sehe ich als völlig normal an.
Und wenn die jungen Leute sich Doktor Sommer zu Gemüte führen und im Internet nach Bildern nackter Frauen suchen, ist das auch okay.
Problematisch finde ich bloß, dass die durchschnittlichen pornografischen Inhalte im Netz ein gewisses nicht immer realistisches Ideal vorgeben. Männer und Frauen haben schlank und trainiert zu sein, abgesehen vom Kopf absolut haarlos und so weiter. Plötzlich wird ein normaler 15-jährige verunsichert, ob er untenrum wirklich normal aussieht und bekommt Panik beim Gedanken, dass es nicht so sein könnte und die 14-jährige Normalgewichtige findet sich zu fett oder zumindest ihren Busen zu klein. Irgendwie muss man es schaffen zu vermitteln, dass Vielfalt gut ist, Unterschiede normal sind und jeder auf seine Weise schön ist und wenn es dabei hilft, sich die Bilder diverser nackter Körper im Netz anzusehen, ist das meiner Meinung nach vollkommen okay.

Es ist in meinen Augen sogar durchaus in Ordnung, wenn Personen freiwillig Aktaufnahmen von sich selbst ins Netz stellen. Denn das heißt ja, dass sie sich selbst so akzeptieren und schön finden, dass sie sich trauen, solche Bilder zu veröffentlichen.
Auch wenn es mir persönlich zu weit ginge - besonders wenn es um Bilder geht, auf denen man anhand des Gesichts, Leberflecken, Narben oder Körperschmuck identifizierbar ist - erotische Bilder von mir zu veröffentlichen, befürworte ich es, wenn andere das tun und damit ihr Selbstbewusstsein stärken können. Das ist zwar nicht die ultimative Lösung für sämtliche Selbstbewusstseinsprobleme aber besser als jemand, der mit der Welt unzufrieden zuhause hockt und sich selbst und seinen Körper hasst.

Dass Pornografie im Netz einen im echten Leben dazu bringt, all das, was man gesehen hat eins zu eins umsetzen zu wollen, glaube ich nicht. Denn es gibt Dinge, die ganz offensichtlich gestellt und gespielt sind. Und gleichzeitig sehnt der Normalverbraucher sich kaum nach einem wilden Dreier mit den zwei Omas von nebenan sondern viel mehr nach einer normalen stabilen Beziehung. Auch wenn besonders Frauen oft als Spielzeug in pornografischen Videos dargestellt werden, ist das in der Realität noch lange kein großes Problem. Der gesunde Menschenverstand kann meiner Ansicht nach zwischen Fiktion (höhö, Ficktion) und Realtität unterscheiden.

Natürlich gibt es Menschen, die sich zwanghaft Pornos ansehen und dadurch eine gestörte Sexualität entwickeln können. Aber das ist nicht der Normalfall.
Fragt mal ein paar Männer oder auch Frauen aus eurem Bekanntenkreis - viele haben schon Kontakt mit Pornografie im Netz gehabt und das ist auch absolut normal und gut so.
Es ist nicht mal so, dass nur Singles sich erotische Inhalte im Netz ansehen. Ideen holen für das eigene Liebesleben, sich ein wenig Unterhaltung gönnen oder auch der Vergleich des eigenen Körpers mit anderen: es gibt viele Gründe sich auch wenn man in einer Beziehung ist Pornografie anzusehen. Warum auch nicht. Wenn man nicht jeden Tag fünf Stunden damit verbringt sondern der Konsum innerhalb des Normalen bleibt, ist doch alles in Ordnung. Und es wäre mir offen gesagt lieber, wenn mein Partner sich drei mal die Woche Tumblr Blogs mit Bildern von Personen, die gerade Geschlechtsverkehr haben oder auf dem Weg dahin sind, ansieht oder ähnliches als jemanden zum Partner zu haben, dessen Libido gegen null tendiert.

Kurz: ich denke, dass es absolut in Ordnung ist, dass das Internet Pornografie so leicht verfügbar macht, man muss nur damit umgehen können. Ich würde später meine Kinder ungern darauf los lassen ohne mit ihnen zumindest anfangs darüber reden und mit ihnen die Eindrücke zu reflektieren zu können aber es ab einem gewissen Alter zu verbieten, halte ich für albern und zwecklos. Die Jugend wird nicht desensibilisiert und verdorben dadurch, dass man sich im Internet nackte Menschen ansehen kann. Es kann helfen, ihnen einen normalen, unbeschwerten Umgang mit der eigenen Sexualität zu vermitteln. Und mit der Pornografie im Netz verhält es sich mit allen Möglichkeiten im Leben: man kann sie nutzen oder eben auch nicht.

Ich bin gespannt, wie ihr das seht. Ist es in Ordnung, dass Pornografie so leicht verfügbar ist? Habt ihr euch schon mal Pornos im Netz angesehen?
Tipp: anonyme Kommentare sind auch möglich.

Apfelkern

P.S. : Ich bin auch wirklich gespannt, welche Suchbegriffe dieser Post meinem Blog einbringt...

1 Kommentar:

  1. Dieser Post ist nun ein Jahr alt. Aber ich hoffe, Du liest diesen Kommentar dennoch.
    (Zum Verständnis, ich bin eine Jugendliche.)
    Ja, ich habe bereits Pornos gesehen und es ist zugegebenermaßen fast unvermeidlich, von diesem Thema nicht Notiz zu nehmen. Denn - es ist wirklich überall. Pop-ups, die für eindeutige Websites werben, Filmchen, die in WhatsApp-Gruppen gesendet werden und so weiter. Denke ich an mein Umfeld, ich bin mir sehr sicher, dass die allermeisten damit schon in Berührung gekommen sind, selbst die, die relativ prüde sind. Häufig wird man irgendwie doch mit dem Thema konfrontiert, selbst wenn man es noch nicht einmal darauf abgesehen hat.
    Aus Interesse sah ich mir ebenfalls einige Pornos an. Ich war auf eine groteske Art und Weise fasziniert, aber vor allem abgestoßen von dieser stumpfen Sexualität. Einen kompletten Film bis zum Schluss konnte ich mir nicht ansehen.
    Meine Freunde und ich beschlossen, das Thema unter die Lupe zu nehmen und sahen uns Pornos an. Wir machten uns hauptsächlich über die armseligen Schauspielversuche lustig, waren teils sehr angeekelt von manchen Praktiken.
    Ja. Pornos sind stumpfe, unrealistische Sexualität. Aber das bedeutet nicht, dass die Sexualität im wahren Leben ebenfalls automatisch abstumpft.
    Ich denke nicht, dass jeder, der Pornographie konsumiert, als Folge ein verzerrtes Bild von Sex bekommt.

    Grüße von Snitchet.

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