Freitag, 16. August 2013

Das Leben ist nicht unbedingt kurz aber sehr endlich

Man ist so daran gewöhnt, jeden Tag morgens aufzuwachen, dass man kaum einen Gedanken daran verschwendet, wie es wäre, wenn es einmal nicht so wäre.
Vor ein paar Tagen bekam ich die Nachricht, dass ein Freund der Familie tödlich verunglückt ist. Es war kein alter Mensch, im Gegenteil: mittleres Alter, berufstätig, Familie. Und mitten während seines Urlaubs, wenn man die Zeit einfach genießt und maximal die Tage bis zum Ende der Ferienzeit zählt - tot.

Auch wenn ich durch das Studium und die Praktika im medizinischen Bereich häufiger als andere mit dem Thema Tod konfrontiert bin oder auch einmal Leichen sehe, war es ein Schock. Weil auch wenn man sieht, dass Fremde um einen herum krank sind oder sterben, denkt man nicht direkt daran, dass auch die von einem Tag zum nächsten nicht mehr sein können. Aber genau so ist es. Man selbst eingeschlossen.

Für mich war es nicht unbedingt der riesige persönliche Verlust, der mich so tief berührte. Es war die Erkenntnis, dass es jede Sekunde vorbei sein kann. Egal warum - das Licht könnte einfach ausgehen.
Wenn ich um genau diese Vergänglichkeit des Lebens weiß, möchte ich es genießen. Nicht ewig aufregen über immer wieder den gleichen Mist, sondern etwas ändern oder das, was mir so viel Energie und Lebensfreude raubt, loswerden oder falls das nicht möglich ist, dessen Auswirkungen so gut wie möglich eindämmen.
Einfach an den kleinen Dingen erfreuen, anderen ein Lächeln schenken und helfen. Nicht nur träumen sondern versuchen, es umzusetzen, denn ich habe nicht ewig Zeit, einen Traum zur Realität werden zu lassen.

Lieber über kleine Dinge hinweg sehen und sich freundschaftlich gut verstehen statt ewig nachtragend sein. Und auch nicht nur weil man wütend ist, andere anschreien um sich selbst kurz besser zu fühlen und anschließend das, was man durch den Streit angerichtet hat, lange wieder zu kitten versuchen. Die Beziehung zu meiner Schwester hat diese Taktik jedenfalls schon unglaublich verbessert.

Kurzum: es ist eine miese Idee, immer alles auf die Zukunft zu verschieben, den Mut nicht in der Gegenwart aufzubringen, etwas zu versuchen und es einfach auf die Zukunft zu verlegen aka es sowieso nicht zu realisieren. Das Leben ist viel zu endlich, um sich nicht auszuleben und unglücklich zu sein.
Schließlich möchte ich lieber als lebensfroher, glücklicher Mensch denn als phlegmatischer Muffel in Erinnerung bleiben. Außerdem macht es mich einfach glücklicher, das Leben mit all seinen faszinierenden Facetten zu genießen und nicht in ein paar Jahren zu bereuen, was ich alles verpasst habe.

Verdammt ja, es kommt ein wenig etwas ähnliches wie das YOLO Feeling auf. Nur muss ich das ja nicht so nennen und auf Shirts durch die Welt tragen, sondern kann es einfach umsetzen.

Apfelkern

Montag, 12. August 2013

Ich möchte bloggen und nicht meine Seele verkaufen

Warum bloggt ihr eigentlich?
Für Ruhm, Ehre, Leserzahlen und Testprodukte? Ist es vielleicht ein innerer Drag, der euch an die Tastaturen treibt? Oder ist es der maskierte Typ mit der Peitsche hinter euch?

Als mein inzwischen schon vorletzter (verdammt bin ich ein fleißiges Blogger Bienchen ... nicht) Post ganz plötzlich über 300 Seitenaufrufe hatte, war ich extrem überrascht. Vor allem, da es nicht nur irgendwelche Bots waren, die mir ihre Links in Kommentaren posten - denn die lassen keine ausführlichen durchdachten Kommentare zum Thema da.
Ich war, nun ja - geflasht. Doofes neumodisches Denglisch, doch das Wort trifft es. Mein kleiner Blog auf dem ich alle hundertdrei Jahre mal den Gedankenmüll aus meinem Hirn kippe hatte plötzlich regen Besuch. Sahnehäubchen: der Artikel wurde sogar auf Twitter empfohlen! Wow. Danke Caro. Und die Kirsche auf dem Sahnehäubchen war es, von Karmesin in ihrem Wochenrückblick erwähnt und verlinkt zu werden.

Hallo - sie hat mehr als tausend Leser!!! Aka: ich glaube, das gibt ordentlich Klicks. Die Leserzahl ist gleich mitgewachsen.
Das zu sehen erfüllt das Bloggerherz definitiv mit Freude und auch Stolz, tatsächlich etwas fabriziert zu haben, das offensichtlich den Nerv der Leserschaft trifft.
Und direkt nach der Freude kommt die Überlegung, wie man dafür sorgen kann, dass es kein einmaliges Hochgefühl war. Einmal von der Salmiak Lakritze gekostet und man will es immer wieder. Ihr wisst schon, was ich meine.

An der Stelle setzt der Druck ein - was, wenn ich es nicht mehr schaffe, ein Thema zu finden, das irgendwen interessiert? Beziehungsweise mehr als nur die üblichen treuen Leserseelen.
Das wäre die Stelle, an der ich mich fragte, wofür ich denn blogge. Für gigantische Leserzahlen, Kommentare ohne Ende und am besten obendrauf Testprodukte? Natürlich dürft ihr mir Lakritze, Tee und Yogamatten zum Testen zuschicken aber wenn der Preis dafür wäre, dass ich über jedes Produkt schreiben muss, tausende möglichst perfekte Bilder machen muss, ist es das nicht wert. Ich möchte bloggen und nicht meine Seele verkaufen.

Mit großer Macht kommt auch große Verantwortung. Habe ich erst mal einen gewissen Status als Blogger und meine 1000 Leser zusammen, muss ich zusehen, dass ich den Status erhalte. Regelmäßige Posts werden erwartet. Dabei sollte es auch ja nicht langweilig werden! Klar, feste Strukturen wie ein einheitliches Layout und jeden Sonntag ein Wochenrückblick sind erwünscht aber bitte bloß nicht dauernd über ähnliches posten sondern überraschen und unterhalten.

Wenn man schon dabei ist, Ansprüche zu stellen: für Massenunterhaltung braucht man Bildmaterial. Ist ja schön, dass du lange Texte schreiben kannst, die mit viel Glück einen Sinn ergeben, doch schon mal von TL;DR gehört? Ergo sind viele Bilder angesagt, um die Leserschaft bei Laune zu halten. Mit einer Digitalkamera oder gar einer Handykamera ist es natürlich nicht getan - Spiegelreflexkamera mit diversen Filtern, Linsen und natürlich Stativ sind das Minimalprogramm. Der Leser von heute hat Ansprüche.

Für die Kontinuität gibt es auch keine Ausnahmen. Prüfungszeit, Urlaub, Krankheit? Pustekuchen, es wird schön brav regelmäßig weiter gebloggt. Da kann man auch locker mal sein Wochenende damit verbringen, Posts für die kommende Woche vorzuschreiben, um unter der Woche nicht jeden Abend den Druck zu haben und mal mehr als fünf Stunden Schlaf zu bekommen.
Wenn der Blog nun täglich mit einem aufwendig geschriebenen, gut bebilderten Post versorgt ist, reicht das aber nicht. Da gibt es mehr Kanäle, auf denen man vertreten sein muss. Twitter, Instagram, YouTube, Facebook, Google Plus wollen auch täglich mit Informationen gefüttert werden, damit man die werten Follower auf allen Wegen ausreichend bespaßt.
Networking ist ebenso unerlässlich. Schön jedem etwas Honig ums Mündchen schmieren. Was denkt ihr denn, warum ich die beiden oben zum Dank für das Verbreiten eines Links zu meinem Post selbst verlinkt habe? Das ist Teil der Expansionspolitik. Das ist ganz klar eine Motivation für sie und andere, mich wieder zu verlinken, damit ich bekannter werde, mehr Menschen beeinflussen und die Weltherrschaft an mich reißen kann. Oder so in etwa.

Der Lohn sind Testprodukte ohne Ende, Einladungen zu exquisiten Blogger Veranstaltungen und Dinge, von denen Normalsterbliche wie ich nicht einmal ahnen, dass es sie gibt.

Und spätestens wenn man an diesem Punkt angelangt ist, hat das Bloggen den Status des Hobbys längst verloren und ist zur Vollzeitbeschäftigung geworden. 
Sorry Mutti, ich kann jetzt nicht mit dir reden und essen sowieso nicht. Ich muss den Teller aus fünf Perspektiven mit drei verschiedenen Linsen fotografieren, um ein ultimativ speichelförderndes Essensbild für meinen Wochenrückblick zu haben.

Ich möchte mein Leben nicht nach dem Blog ausrichten. Es ist toll, diese Plattform für Gedanken zu haben, eine Möglichkeit, Ideen und Überlegungen zu teilen wenn man möchte und Zeit dafür hat. Aber wenn man mal keine Lust und Zeit dafür hat, ist es eben auch in Ordnung. Das ist etwas, was ich extrem an einem kleinen Blog schätze: es gibt keine Erwartungshaltung, dass regelmäßig gepostet wird. Ganz frei kann ich schreiben wenn ich möchte und das auch worüber ich möchte und bekomme im Optimalfall noch Feedback dazu.

Dass Bloggen keine Verpflichtung ist, war mir auch nicht von Beginn an klar. Vor dem Urlaub saugte ich mir Themen aus den Fingern und wurstelte mehr schlecht als recht Beiträge zusammen. Sie bekamen kaum Klicks und Kommentare, denn sie waren auch einfach nicht gut. Man merkte ihnen an, dass ich sie schrieb um sie zu schreiben und keine Begeisterung oder der Wunsch, etwas bestimmtes mitzuteilen dahinter steckte.
Daher habe ich für mich beschlossen, nur zu schreiben, wenn mir das Thema regelrecht unter den Nägeln brennt und ich auch wirklich Motivation und Lust dazu habe. Anders kommt nur Murks heraus.
Wobei das jetzt auch keine Garantie ist, dass ich hier etwas anderes als wirren Gedankenquark fabriziere. Also mal ganz ruhig mit den Erwartungen.

Ich werde mit meinem Blog nicht reich und berühmt. Doch dafür kann ich ohne Erwartungsdruck der Leser, der Sponsoren und wem auch immer normal leben ohne Anfälle zu bekommen, weil ich meinen Post für heute nicht geschafft habe, sondern einfach glücklich sein. Und das ist mir sehr viel mehr wert als tausend Leser.

Apfelkern