Mittwoch, 20. Juni 2012

Äh....und Sie waren..?

Man ist auf dem Rad unterwegs, es kommen Personen entgegen. Ganz normal und unspektakulär, bis eine der Personen im Vorbeifahren lächelnd winkt. Wenig später sind die Personen weg und man selbst völlig verwirrt - wer zum Teufel war das?!

Jemand, den man kennt, ein Kollege oder Mitschüler, ein Verwandter, ein Freund? Die wenigen Sekunden Anblick des anderen reichen meist nicht, um die Gedankenversunkenheit und die sture Konzentration auf den Weg abzuschütteln und den Gesichtern Namen zuzuordnen. Und so sehr man sich auch den Kopf zerbricht - man kommt nicht darauf. Noch peinlicher wird es, wenn die grüßenden Personen extra anhalten, um ein wenig zu reden und man nicht sofort weiß, wer es ist. Grundschullehrer? Eltern von Freunden? Freunde der Eltern?

Lächeln, winken und hoffen, dass die Situation schnell vorüber ist, ohne dass man sich die Blöße geben muss, zu äußern, dass man momentan gar nicht einzuordnen weiß, wer vor einem steht.

Wäre ich in der Position der nicht erkannten Person bei dem zufälligen Treffen, ginge ich davon aus, dass ich erkannt werde, wenn der von mir als Bekannter identifizierte Mensch mich anlächelt und sich so verhält, als wüsste auch er, welche Verbindung zwischen uns besteht. Und falls derjenige nicht sofort wüsste, wer ich bin, nähme ich an, dass derjenige kurz nachfragen würde. Aber wie angedeutet wäre das mir selbst sehr unangenehm zu erfragen, sodass ich es auch unterließe.

Denn diese Frage würde ja leicht so ausgelegt werden können, dass der andere nicht wichtig genug war, um sich zumindest dessen Namen zu merken. Diese Assoziation kann ich gut nachvollziehen, doch gleichzeitig weiß ich, dass das Vergessen eines Namens oder auch das Nichterkennen auf den ersten Blick nicht nur abwertend gemeint sind, sondern manchmal einfach auf Vergesslichkeit zurückzuführen sind.

Vielleicht vermute ich auch zu schnell hinter jeder grüßenden Person ein bekanntes Gesicht. Angeblich soll es aber Menschen geben, die aus reiner Freundlichkeit oder sonstigen Motiven willkürlich Fremde grüßen. Zu den sonstigen Motiven könnte es wohl auch zählen, andere zu verwirren, was auch jedem sehr gut gelingt, der mir zuwinkt ohne dass ich denjenigen kannte oder ein ersichtlicher Grund für sein Verhalten vorliegt. Ich werde noch mindestens die nächste Stunde darüber nachdenken, wer denn das wohl gewesen sein könnte, den ich gerade nicht erkannt habe.
In solchen Momenten stelle ich regelmäßig fest, dass ich selbst auch fremden Menschen spontan ein Lächeln schenke, insofern sie mit sympathisch erscheinen. Ups, ich bringe also selbst die Hirne fremder Köpfe durcheinander; zumindest, wenn deren Gedankenströme in dieser Angelegenheit so fließen wie meine.

Auch wenn ich denjenigen erkenne, der grüßt, reagiere ich nicht immer erfreut. Es gibt einfach Menschen, die man lieber trifft als andere und wenn es nur besagte andere sind, die einem begegnen, erreicht die Freude nicht ihren Höhepunkt. Umso glücklicher ist man, wenn man die Sympathieträger erster Wahl auf dem Weg trifft und ein spontanes Gespräch führen kann.

Und da wären natürlich auch diejenigen, die man ungern wiedersieht; ganz egal, welche Gründe es dafür genau gibt. Diese Personen ignorierte ich vor einiger Zeit komplett und wartete, dass man sich aus der Reich- und Sichtweite des anderen bewegte. Inzwischen grüße ich diejenigen einfach. Nicht unbedingt, weil ich sie verwirren will, sondern weil ein Beachten; ein Grußwort für solche Personen um ein vielfaches erstaunlicher, schockierender als das bloße Ignorieren ist.

Heute erst hupte ein Auto, das mich überholte, unerwartet. Da niemand sonst dort war oder ich zumindest niemanden sah, nahm ich an, dass ich mit dem Hupen angesprochen werden sollte. Da ich mich jedoch auf dem Rad fortbewegte, befand ich mich oberhalb des Autodaches und sah dessen Insassen nicht. Hervorragend. Bis jetzt grüble ich, wer es denn gewesen sein könnte. Mir kam ja nicht einmal das Auto bekannt vor... hat sich jemand einen Scherz erlaubt oder war es doch jemand, der mir wichtig ist? Hrmpf.

In solchen Momenten bin ich doch sehr für die Einführung von Namenskärtchen, sodass man schnell mal darauf schielen und den korrekten Namen nennen kann. Aber bitte in großer klarer Druckschrift, sodass ich auch beim schnellen Vorbeifahren den Grüßenden identifizieren kann.

Apfelkern

3 Kommentare:

  1. Oh den Vorschlad mit den Kärtchen unterstütze ich.
    Ich schäme mich geradezu wenn mir ältere Damen entgegen kommen und mich dann ansprechen, wie es mir geht ... und letztlich stellt sich heraus dass das Kindergärtnerin etc war.
    Ich frage mich wie die das machen. Hunderte von Kindern und sie erkennen mich trotzdem wieder? *__*

    ...und ich hab noch Stunden später ein schlechtes Gewissen.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Die Kindergärtnerin zu erkennen würde mir auch nicht gelingen, da man zum Zeitpunkt des engen Kontaktes noch viel zu jung war, um sich noch wirklich gut an diese Person erinnern zu können. Umgekehrt gilt das aber nicht und schon steckt man drin in der peinlichen Situation.

      Keine Ahnung, wie sie sich Dutzende Gesichter merken können und das über Jahre. Vielleicht gibt es eine Art Talent dazu oder es liegt an der langen Übung. Während die zu betreuenden Kinder schlafen, spielen die Erzieherinnen garantiert Namens-Memory. Anders kann ich mir es jedenfalls nicht erklären

      Löschen
  2. Als latent Gesichtsblinder bin ich aus dem Spiel ohnehin draussen. Ich sehe in der Regel nur eine undefinierte Masse. In anderen lichten Momenten erkenne ich plötzlich Menschen von Hinten. Aber mein Name war nicht, er ist.

    AntwortenLöschen